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Design Heaven Is a Black Seat

Text: Schernhuber Peter | Fotos: Press

Konstantin Grcic

Oft hat die Rede von Meistern und ihren Werken den fahlen Beigeschmack, jene, die sie führen, auf ein Podest zu hieven, das vermeintlich dazu berechtigt, Superlative auszuteilen. Beim Industriedesigner Konstantin Grcic jedoch herrscht weitreichende Einigkeit. Designmuseen rund um den Globus zeigen seine Arbeiten, bereits 2009 lud ihn die Londoner Serpentine Gallery ein, eine eigene Ausstellung zu kuratieren. Der Deutsche studierte am Royal College of Art in London, sein Portfolio umfasst Firmen, die mit ihrer Affinität für Design zur Weltspitze gehören. Standesgemäß stellte Grcic seinen Stuhl PARRISCH für Emeco beim letztjährigen Salone del Mobile in Mailand vor. Erstmals entworfen wurde der reduzierte Stuhl, der besonders in Wien an den Nachhall von Thonet in der Designwelt erinnert, für das Parrish Art Museum in Water Mill, New York. Jüngst wurde er mit dem IF Product Design Award geadelt. Wenn die Rede von Meisterwerken Sinn macht, dann angesichts der Entwürfe Konstantin Grcics.    

Kings of Sweden: Deer Regal

Jagdtrophäen, vor allem Geweihe zieren längst nicht mehr nur Vorhäuser oberösterreichischer Vierkanthöfe oder überdachte Balkone traditioneller Tiroler Häuser. Besonders Hirschgeweihe sind en vogue, was sich vielleicht damit erklären, dass die designaffine Generation Hirschgeweih mit dem Disney-Klassiker Bambi aufwuchs, dessen Macher selbstsicher einen Hirsch als Vater eines Rehkitzes ins Spiel brachten. Wie dem auch sei. Abseits von stillos eingefärbten Kunstgeweihen und Geweihen als noch weitaus stilloserem Körperschmuck, der unter die Haut geht, haben sich zum Glück auch die besten der Interiordesigner des Sujets angenommen: Einen bescheidenen, aber in seinen schlichten Konturen überaus eleganten Zweiender haben die finnischen Designerinnen Bette and Cilla Ekl für Kings of Sweden entworfen. Der Preis von 2.720 Euro ist zwar durchaus stolz, aber immer noch billiger als die Kosten einer Eigenjagd. Im Gegensatz zum herkömmlichen Geweih lässt sich dieses Exemplar außerdem nicht nur zur Garderobe umfunktionieren, sondern auch als staureiches Wandregal nutzen. Nicht nur in Oberösterreich und Tirol gibt sich das Deer-Regal zeitgeistig und dennoch stilvoll.

Sebastian Herkner für Very Wood

Mit Sebastian Herkner kann die internationale Designszene einen aufstrebenden und zugleich angenehm unaufgeregten Designer feiern. Das tut sie auch: Für seinen Stuhl Unam erhielt der 1981 geborene Absolvent der HfG Offenbach am Main einen der viel umworbenen Wallpaper Design Awards der gleichnamigen englischen Fachzeitschrift. Den komfortablen Lounge Sessel hat Herkner für den norditalienischen Sessel- und Stuhlerzeuger Very Wood entworfen. Erhältlich das tiefliegende Möbelstück in mehreren Farbvariationen von mattem Schwarz bis Petrol und wahlweise mit Holzsitzfläche oder gepolstert. Wie bei all seinen Entwürfen dominiert auch bei Unam eine klare, markante Linienführung, die das verwendete Material nicht verschweigt sondern Herkners Linienführung um die jeweilige Materialästhetik ergänzt. Unam wird im Studio Sebastian Herkner nicht der letzte Anlass zum Feiern gewesen sein.

Dechem

„Gibst du mir Steine, geb ich dir Sand“, sang eine der besten Bands der Neuen Deutsche Welle in ihrem Klassiker von 1981. „Wir bauen eine neue Stadt“. Gibst du mir Glas, gebe ich dir Design, lässt sich beim tschechischen Design Studio Dechem umdichten. Aus böhmischen Glas hat Dechem Studio eine Stadt entworfen. Auf einer abgeflachten Halbkugel drapieren Michaela Tomišková und Jakub Jand’ourek ihre Glasgebäude. Jedes der an die markanten Formen klassischer Fabrikgebäude angelehnten Objekte steht für sich. Zusammen ergeben sie ein urbanes Ensemble. Mit ihren unterschiedlichen Winkeln brechen die kleinen Glaskubaturen die Lichter der Miniaturstadt. Ob Palais Schaumburg auch mit Glasstädten eine Freude gehabt hätte, sei mal dahin gestellt.

Oscar Wanless für Riess

Ein Ritual, das vielen vertraut anmutet: In einem pastellfarbenen Email-Kännchen wird Milch gewärmt, etwa um Kakao zuzubereiten. „Gaugau“, wie die Wiener sagen. Ebenfalls in der Donaustadt kooperierte der Londoner Designer Oscar Wanless mit dem Traditionsunternehmen Riess, das sich jüngst wieder breitenwirksamer Beliebtheit erfreut. Das hängt einerseits damit zusammen, dass gutes Handwerk stets en vogue ist und man sich den Wellenbewegungen dessen auch wieder bewusst wird, andererseits mit dem Engagement des Unternehmens zeitgemäß zu wirken, etwa durch eine Kooperation mit VW-Käfer-Köchin Sarah Wiener. Riess liebäugelt jedoch nicht nur mit dem Dauerbrenner Vintage. Im Rahmen der Vienna Design Week wurde Wanless eingeladen, in einer Designstudie mit Riess-Email zu experimentieren. Durch den unorthodoxen Einsatz der Metalldruckmaschinen ist eine komplette Tafel aus Emailware – Tische, Stühle, Geschirr. Bleibt zu hoffen, dass die Ybbsitzer Email-Spezialisten die Entwürfe früher oder später ins Sortiment integrieren.

PK22

Im Kanon europäischer Design-Klassiker galt Poul Kjaerholm (1929 –1980) lange Zeit als Geheimtipp. Obwohl Originale des dänischen Designers auf Auktionen mittlerweile Rekordsummen erzielen und er posthum breitflächig geschätzt wird, haftet ihm diese Etikette nach wie vor an. Das liegt sicherlich auch daran, dass all jene, die einen Geheimtipp kennen – und dabei ist es egal, dass die mittlerweile breite Bekanntheit die Zuschreibung zum Paradox macht – das Gefühl haben, Besonderes entdeckt zu haben. Der Stuhl PK22 ist tatsächlich besonders: 1955-56 entworfen, ist der leichte und elegante Stuhl die Ikone im Portfolio Kjaerholms. Ein Ebenbild seines Design-Anspruchs. Die industriell hergestellte Verschraubung des Stuhls versteht er als ästhetisches Mittel. Alles an diesem Möbel sollte nachvollziehbar und lesbar sein. Ein Gutteil seiner Arbeiten entwarf der Däne für Fritz Hansen. Seit ein paar Jahren greift der Möbelhersteller wieder vermehrt auf Original-Entwürfe Poul Kjaerholms zurück. 2014 kommt eine auf 400 Stück limitierte Edition des PK22 hinzu, erhältlich bei Designfunktion in Wien. Eine Neuigkeit, die es wert ist, weiter erzählt zu werden. Als Geheimtipp. 

| FAQ 26 | | Text: Schernhuber Peter | Fotos: Press
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