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Zurückspulen, bitte!

Text: Lena Style | Fotos: Benjamin Benmoyal

Der israelisch-französische Modeschöpfer Benjamin Benmoyal versucht, ein wenig Nostalgie und Zuversicht in die Welt zu bringen – mit brutalistischen Silhouetten und Stoffen aus alten Kassetten-Tapes.

© Benjamin Benmoyal

Gibt es etwas Nostalgischeres, als die Erinnerung daran, endlose Bandsalate mit dem Bleistift wieder an ihren ursprünglichen Ort, nämlich in die Musikkassette, zu wursteln? Die Kassette war bis in die achtziger Jahre der Tonträger Nummer eins, ehe sie, wie wir alle wissen, von der CD abgelöst wurde. Selbst Kassettenfans mussten damals zugeben, dass die Compact Disc einige Vorteile mitbrachte. Besserer Klang, praktischere Handhabung, platzsparende Form – und das Bleistift-Gefummel hatte auch endlich ein Ende. Das veraltete Medium geriet langsam, aber sicher in Vergessenheit und die Produktion wurde eingestellt. Aber auch bei der Kassette ist es, wie bei scheinbar allem, was schon einmal beliebt war: Sie feiert derzeit ein Comeback. Vor allem in den USA haben die Verkaufszahlen ab dem Jahr 2018 um 23 Prozent zugenommen, berichtete der Branchendienst Nielson Music. Ein Grund dafür sind junge Indie-Labels. Sie entscheiden sich immer häufiger, auf Kassette aufnehmen – aus Kostengründen, aber auch, um ein Zeichen gegen die Digitalisierung zu setzen. Für viele Musiker stellt das Hantieren mit der Kassette, das Umdrehen und Zurückspulen, mehr Achtsamkeit und Wertschätzung für das Medium dar. Ein nicht zu übersehender Grund für den plötzlichen Verkaufsanstieg des alten Tonträgers war außerdem eine überraschend erfolgreiche Filmadaption einer Marvel-Comicreihe: Die meistverkaufte Kassette in den USA im Jahr 2018 war der Filmsoundtrack zu Guardians of the Galaxy. Mit seinem geliebten „Awesome Mix Vol. 1“ brachte Hauptprotagonist Peter Quill, gespielt von Chris Pratt, sowohl der Kassette als auch einigen Siebziger-Jahre-Hitsongs ein neues, cooles Image ein.

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Nostalgie am Körper

Was das alles mit Mode zu tun hat? So einiges, wenn man weiß, wer Benjamin Benmoyal ist. Der französisch-israelische Modedesigner machte erst kürzlich seinen Abschluss am renommierten Central Saint Martins College in London und sorgte gleich mit seiner ersten großen Kollektion für internationale Schlagzeilen. „It Was Better Tomorrow“ nennt sich sein Debütwerk – eine Kollektion an futuristischen Kleidern, Capes und Anzügen, die vor allem auf Social Media großen Anklang fanden. Die Besonderheit liegt aber nicht nur in den auffälligen Silhouetten, sondern in den Materialien, aus denen sie gemacht sind. Dafür griff Benmoyal nämlich ganz tief in die Recyclingtonne. Die Stoffe wurden vom Designer selbst entwickelt und bestehen aus wiederverwendeten Garnen, umweltfreundlichen Geweben wie Tencel oder Tonbändern alter Kassetten. Auch am Webverfahren tüftelte Benmoyal selbst: Die einzelnen Komponenten werden zu Garnen gesponnen und dann miteinander verwebt. Heraus kommen Stoffe, die in ihrer glänzenden Beschaffenheit ein wenig an die schillernden achtziger Jahre erinnern.

Die eigentliche Inspiration für dieses Projekt kommt aber aus einer ganz anderen Richtung: Für die Farbgebung seiner Kollektion ließ sich Benmoyal vom künstlerischen Œuvre James Turrells und Olafur Eliassons sowie seinen Reisen durch die rauen Landschaften Islands inspirieren …

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| FAQ 57 | | Text: Lena Style | Fotos: Benjamin Benmoyal
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