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Wärme mich

Text: Lena Style | Fotos: Andre Schönherr

Wie ein roter Faden zieht sich das Thema Wertschätzung durch die DNA des österreichischen Stricklabels WARM ME. Mitbegründerin Theresa Steinbacher über Werte, Pilling-Pannen und Sale-Wahnsinn.

Die Geschichte des österreichischen Stricklabels WARM ME fing an, wie viele andere auch, nämlich mit der Frage: „Warum gibt es das eigentlich noch nicht?“. Als Christian Obojes auf der Suche nach einem Label für hochwertige Strickhauben als Ergänzung für sein Modeagentur-Portfolio war, fand er nichts, was seinen Vorstellungen entsprach und beschloss, diesen Mangel einfach selbst zu decken. So weit, so alltäglich. Was das daraus entstandene Projekt WARM ME aber so einzigartig macht, ist die Herangehensweise von Christian Obojes und Theresa Steinbacher, die von Anfang an mit im Boot war und das Label seit vielen Jahren leitet. „Uns war von Anfang an klar, dass wir hochwertig produzieren wollen, mit einem kleinen, familiären Partnerbetrieb“, erzählt uns Theresa Steinbacher im Zoom-Interview aus dem Homeoffice. „Unser Sortiment ist so kleinteilig, dass wir manchmal auch nur drei von einer Farbe produzieren lassen. Es gibt keine Überproduktion, kein Preisedrücken und keinen respektlosen Umgang mit Händlern und Produzenten“, erklärt die Co-Gründerin mit entschiedener Stimme.

WARM_ME_2.pngTheresa Steinbacher

„Jo, eh“, könnte man hier typisch-österreichisch einwerfen. Aber diese logische Philosophie kommt heutzutage bei den meisten Modelabels abhanden, was der gewinnorientierten Preispolitik der großen Konzerne zuzuschreiben ist. Auch wenn das auf Strickmützen fokussierte Label heute bereits international erfolgreich ist und auf eine große Fangemeinde zählen kann, ist Warm-ME nicht auf größtmögliches Wachstum und Gewinn ausgelegt, sondern möchte die Philosophie „Business as a force for good“ propagieren. „Wenn ein reiner Zahlenmensch unsere Style-Listen sehen würde, würde er wahrscheinlich sagen ‚Habt ihr denn einen Vogel?‘. Aber genau das macht es aus für uns.“ Das Thema Wertschätzung zieht sich durch die DNA des Labels wie ein roter Faden, das merkt man auch, wenn Theresa auf das Thema Sale zu sprechen kommt: „Sale macht unser Business kaputt. Wenn ich ständig überproduziere und riesige Lager halte, ist es logisch, dass dieses System irgendwann kollabiert. Jeder in der Schleife muss dazu beitragen, dass es nicht so weit kommt.“ Werte, die Theresa und ihr Gründungspartner rigoros vertreten, angefangen bei der Fertigung im fernen Katmandu.

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Szenenwechsel, einmal um den Globus

Über Kontakte kamen sie auf die Idee, ihre hochwertigen Strickmützen in Nepal produzieren zu lassen. Es ist eines der wenigen Länder, in denen man noch mit traditionellen Strick-Handmaschinen arbeitet. Eine Technik, die es erlaubt, „Fully Fashioned“-Mützen zu fertigen – dieser Style ganz ohne Naht ist ein Qualitätsmerkmal. Einen Produktionswechsel gab es dann im Jahr 2013. „Wir wollten ohne Zwischenhändler direkt produzieren, deshalb sind wir selbst nach Katmandu geflogen und völlig blauäugig da rein marschiert“, lacht Theresa heute. „Unser Glück war, dass WARM ME dort in der Strickerszene tatsächlich schon Bekanntheit erlangt hatte und wir einen Produzenten fanden, mit dem wir bis heute zusammenarbeiten.“ An der anhaltenden Beziehung schätzt das Team vor allem das familiäre Miteinander und den gegenseitigen Respekt: „In der Mode ist vieles oberflächlich, aber am Ende des Tages zählen doch die Menschen dahinter. Man kann nicht in ein fremdes Land kommen und dort alles verwestlichen. Ich will etwas von ihnen, also treffen wir uns in der Mitte. Es ist eine Sache des Respekts.“

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Den ersten Lockdown im Frühjahr überstand man bei Warm-ME gut, die Garne aus der Mongolei waren bereits geliefert worden und auch in der Produktion selbst fand man eine Lösung: „Viele der Menschen in der Produktion kommen von außerhalb Katmandus. Ihnen wurde es freigestellt, ob sie zuhause bleiben wollen oder für diese Zeit geschützt in einer Gruppe am Produktionsstandort verbringen wollen.“ Eine Win-Win-Situation, da die Arbeiter so auch Geld verdienen konnten. „Eines muss man schon sagen: Es können nicht die gleichen Maßnahmen überall auf der Welt gesetzt werden. Wir ärgern uns über das Zuhause sein müssen oder das Tragen einer Maske, aber in ärmeren Ländern wie Indien und Nepal müssen Menschen hungern während des Lockdowns. Das Thema geht in den Medien leider unter.“ Normalerweise fliegt Theresa bis zu zweimal im Jahr an den Schauplatz, zurück kommt sie immer etwas geerdeter als davor. Das liegt vor allem an der Mentalität der Nepalesen, wie sie erzählt: „Natürlich hat jeder dort Smartphones und Internet, man weiß, was bei uns hier im Schlaraffenland abgeht. Aber trotzdem wollen sie immer nur für dich das Beste. In unserer westlichen Gesellschaft geht es immer nur um den eigenen Nutzen, dort aber ist es umgekehrt. Ich könnte es mir nicht vorstellen, irgendwo anders zu produzieren.“ Klar, dass Theresa nichts über das Land kommen lässt, das sie liebt. Das gilt ebenfalls für heiß diskutierte Themen …

Lesen Sie den vollständigen Artikel in der Printausgabe des FAQ 59 

www.warm-me.com 

 

| FAQ 59 | | Text: Lena Style | Fotos: Andre Schönherr
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