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Jake im Paradies

Text: Günther Bus Schweiger | Fotos: Kevin Westenberg

Seit Jahren sucht die Musikindustrie einen Konsenssongschreiber, dem die Kunden an den Lippen hängen und dessen kreatives Ablaufdatum nicht gleichlautend mit dem Erscheinungsdatum des zweiten Albums ist. Aus diesem Grund wurden und werden weiter alle Veröffentlichungen von eingetragenen Markenzeichen wie Bob Dylan gepusht und in den Himmel gelobt, um von den verbliebenen Fortysomethings noch ein paar Euros mehr herauszupressen. Dass ein Heranwachsender die zunehmende Anzahl der Seventysomethings, die die Bühne bevölkern, nicht sonderlich aufregend findet, versteht sich da fast schon von selbst.

Und dann füllte plötzlich Jake Bugg das Vakuum aus. Ein Teenager mit einer Gitarre, der ausgerechnet aus Nottingham stammt. Einer Stadt, die dem Niedergang seit Jahrzehnten nichts entgegenzusetzen hat und deren Jahre als glorreiche Dominatorin des europäischen Vereinsfußballs schon Jahrzehnte zurückliegen. Sogar das Denkmal für den großen Manager (und Trinker) Brian Clough setzt schon Patina an. Genau aus diesem Elend erhebt sich ein Teenager, schmeißt mit 16 die Schule hin, greift zur Gitarre und beginnt seine Songs zu spielen. Er wird 2011 auf eine kleine Bühne des Glastonbury Festivals eingeladen und von da an überschlagen sich die Ereignisse. Das Jake Bugg betitelte Debütalbum kämpft sich dank beharrlicher Live-Präsenz und großartiger Songs wie „Two Fingers“ an die Spitze und statt sich auf dem Erfolg auszuruhen, nimmt Bugg in Malibu mit Rick Rubin nun Shangri La auf. Ein Album, dass den sparsamen Sound etwas verbreitert, aber den Songs noch immer mehr als genug Platz lässt, sich zu entfalten. Produzentengott Rubin, der von Public Enemy über Slayer bis hin zu Johnny Cash und Donovan jedem Künstler die kreative Essenz entlockte, ist viel zu schlau, um einen wie Bugg zu verheizen – dazu liebt er Songwriter, die sein Herz erweichen, viel zu sehr. Shangri La wird Buggs’ Position festigen und die Zahl der Fans in luftige Höhen treiben, trotzdem arbeitet hier einer der von seiner Kunst überzeugt ist, und solange Malibu gegen Nottingham nicht die Oberhand gewinnt, wird das auch so bleiben.

Jake Bugg Live:

5. Dezember 2013, Wien Gasometer

21. Februar 2014 London, Royal Albert Hall

 

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