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KÖNIGIN OHNE KRONE

Auf seinem Debütalbum verbindet das Duo King Hannah Sehnsüchte mit Zufriedenheit – und empfiehlt sich damit nachhaltig.

Foto: Lucy McLachlan

Die Geschichte von King Hannah ist eine Geschichte voller Pausen um Umwege, aber ein Beweis dafür, dass es sich lohnt, auf den richtigen Moment, die richtige Idee oder den richtigen Menschen zu warten. Die gebürtige Waliserin Hannah Merrick hatte den Namen King Hannah schon lange im Kopf, aber ihr war klar, dass sie dazu eine Band braucht. Und dafür einen Gitarristen. Craig Whittle sah Merrick bei einem Auftritt in Liverpool und war durchaus angetan. Eine Kontaktaufnahme fand allerdings nicht statt, auch wenn er die Stimme im Kopf behielt. Zwei Jahre später trafen sie sich in einem Pub in Liverpool und zwar hinter der Bar, in der beide arbeiteten, um sich den Lebensunterhalt zu verdienen.Whittle erzählte Merrick von seiner Berufung als Gitarrist und vom inzwischen lange zurückliegenden Gig. Von da an wurde die Zusammenarbeit langsam konkreter. Nach einigen Monaten in diversen Proberäumen war beiden klar, dass sich die Vorstellungen absolut deckten und sich die gemeinsame Arbeit angenehm und richtig anfühlte. Das sich King Hannah Zeit nehmen, um zu Ergebnissen zu gelangen, die beide zufriedenstellen hört man dem Debüt „I’m Not Sorry, I Was Just Being Me“ in jeder Sekunde an. Es wird kein Wort zu viel verloren, und die Melodien werden durch die hypnotischen und dunklen Gitarrenriffs gleichzeitig erhaben, aber auch dunkel in Szene gesetzt. Wenn man nicht wüsste, dass hier Briten am Werk sind, würde man King Hannah wohl in der nordamerikanischen Provinz neben Bill Callahan oder Smog verorten, aber der große Unterschied zu den immer wieder herangezogenen Referenzen, zu denen auch Mazzy Star gehört, ist das selbstverständliche weibliche Selbstbewusstsein, dass Merrick verkörpert. Es gibt viele Lieder, in denen der Songwriter mit sich hadert oder sich nach einem besseren Ich sehnt, aber wie sich Merrick in „A Well Made Woman“ als vollkommen zufrieden mit sich und ihren Sehnsüchten darstellt, ist ein wahrlich rarer Augenblick in der Geschichte des Songwriting. Bei aller Balladenlastigkeit geht das Konzept auch auf, wenn das Tempo angezogen wird, Whittle wie auf „Go-Kart (Hell No)“ den Rocker in sich entdecken darf und es damit schafft, Erwartungshaltungen zu brechen.

King Hannah
I’m Not Sorry, I Was Just Being Me (City Slang)
Live: 9. April 2022 Wien, Chelsea
10. April 2022 Heppel & Ettlich, München

 

| FAQ 64 | | Text: Günther Bus Schweiger
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