„Genie, Milliardär, Playboy, Philanthrop“: Als Tony Stark (Robert Downey Jr.), der als Superheld Iron Man des öfteren die Welt rettet, in Joss Whedons Blockbuster The Avengers (2012) diese Selbstbeschreibung vom Stapel ließ, hatte er die Lacher auf seiner Seite. Die Figur des hochintelligenten, mit einem gewaltigen Ego ausgestatteten Lebemanns, dessen Hightech-Anzug ihm übermenschliche Kräfte verleiht, dessen sarkastische One-liner aber ebenfalls niemanden schonen, ist klar „larger than life“. Comic-Helden wie er (die Figur wurde 1963 unter anderem von Stan Lee und Jack Kirby für den Verlag Marvel entworfen) haben die Nachfolge von Göttern und Götzen angetreten, sind Projektionsflächen nicht nur für Nerds, ermöglichen das Eintauchen in Phantasiewelten. Doch so mythisch das Leben von Tony Stark auf den ersten Blick auch erscheinen mag – für die Filmversion der Figur gab es ein ganz konkretes, reales Vorbild, wie Iron Man-Regisseur John Favreau 2010 in einem Artikel im „Time Magazine“ bekannte. Ein Vorbild, das auch ohne Kampfanzug nicht weniger unglaublich erscheint: Elon Musk – Genie, Milliardär, Playboy, Philanthrop. Das mit dem Playboy soll zwar nicht so schlimm sein wie zu Tony Starks besten Zeiten, aber immerhin brachten zwei Ehen fünf Kinder hervor.
Musk ist erst 42 und doch schon längst eine Legende. Bereits mit 12 entwarf er ein Computerspiel, das er an eine Computerzeitschrift verkaufte. Mit 16 wanderte er zunächst nach Kanada, dann in die USA aus, um dem Wehrdienst in Südafrika zu entgehen. Musk studierte Wirtschaft und Physik und gründete 1995 mit seinem Bruder und nur wenig Kapital das Internetunternehmen Zip2. Vier Jahre später kaufte der Computerriese Compaq das Unternehmen für den damaligen Rekordpreis von 307 Millionen Dollar auf. Doch Musk, dessen Mutter behauptet, er habe bereits im Alter von neun Jahren die Encyclopedia Britannica komplett gelesen, setzte sich nicht zur Ruhe. Der Mann hatte und hat dafür zu viele Visionen. Musk – der auch an Paypal beteiligt war und daraus ebenfalls ein hübsches Sümmchen lukrierte – gründete noch einige andere erfolgreiche Unternehmen, darunter 2002 SpaceX, das die Kosten der Raumfahrt dahingehend senken will, dass Leben auf anderen Planeten ermöglicht wird. 2008 gelang es SpaceX mit dem Start der Falcon 1 als erstem Unternehmen, mit einer rein privat finanzierten Rakete den Orbit zu erreichen. Die Kosten eines Starts machen dabei rund zwei Drittel weniger aus als bei staatlich finanzierten Raumflügen. Auch am 2006 auf seinen Vorschlag hin gegründeten Unternehmen SolarCity, das Solarstromanlagen konzipiert und installiert, ist Musk mit Teilen seines Vermögens beteiligt. Doch Musk hatte immer noch genügend Projekte in der Pipeline – im wahrsten Wortsinn: 2013 stellte er das Projekt Hyperloop vor, ein Hochgeschwindigkeitstransportsystem, das Transportkapseln mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1200 km/h durch eine teilevakuierte Röhre befördern soll. Strecken von bis zu 1500 Kilometern könnten so schneller zurückgelegt werden als mit dem Flugzeug – und das noch dazu günstiger als mit der Bahn. Eine spannende Vision, die die Welt nochmals kleiner machen könnte. Wer also spontan auf einen Kaffee in Paris oder auf Shoppingtour in London gehen möchte (oder ins Museum), sollte diesem Projekt die Daumen drücken; für 2017 ist die Präsentation eines Prototyps geplant. Elon Musk ist nicht irgendein Erfinder. Er reiht sich unter die größten Erfinder aller Zeiten ein. Kein Wunder, dass er eines seiner spannendsten Projekte – vielleicht das bekannteste –, ein revolutionäres Elektroauto, nach dem Edison-Konkurrenten Nikola Tesla benannte. So wie Musk nicht irgendein Erfinder ist, ist der Tesla nicht irgendein Auto. Der Grundstein für das Projekt wurde bereits im Jahr 2003 gelegt: Gemeinsam mit den Ingenieuren und Entwicklern Martin Eberhard, Marc Tarpenning und Jeffrey B. Straubel gründete Musk die Firma Tesla Motors mit der Zielsetzung, Elektroautos für einen möglichst breiten Interessentenkreis zugänglich zu machen.
Der Roadster ist dabei die sportliche Variante, während sich das Model S als elegante Limousine gibt. 2015 beginnt man mit der Auslieferung des Model X, ein E-SUV. Das Ziel, die breite Masse zu erreichen, scheitert momentan wohl noch am Preis. Für die günstigste Variante des Model S etwa muss man bei einer Wartezeit von 4-5 Monaten rund 65.000 Euro hinblättern. Doch sprechen neben Umweltschutzgründen auch Design und Fahrspaß für eine derartige Anschaffung – von der auf längere Zeit gerechneten Ersparnis durch den Wegfall von Benzinkosten und Umweltsteuern ganz zu schweigen. Auch hat Elon Musk angekündigt, in der „dritten Generation“ eine Premium-Mittelklasselimousine einführen zu wollen. Die Testfahrt mit dem Model S rund um das Service Center in Wien Liesing beeindruckt, nicht nur wegen des riesigen Touch-Displays, mit dem man technische Einstellungen so bequem vornehmen kann, als würde man ein Smartphone bedienen. Tritt man kräftiger auf das Pedal, so beschleunigt der Wagen in 4,4 Sekunden von null auf hundert. Dabei ist der schön ausgestatte Wagen angenehm ruhig und liegt gut auf der Straße.
Einzig bemerkbares Manko: Auf den Rücksitzen müssen Passagiere über 1,80 ein klein wenig die Köpfe einziehen. Vorne dagegen sitzt es sich ausgesprochen bequem. Touren durch Österreich oder ganz Europa sind bei einer Reichweite von 500 Kilometern kein Problem. Bei dem von Tesla errichteten, europaweiten Supercharger-Netzwerk kann man dem Akku in nur 30 Minuten wieder eine Reichweite von 270 Kilometern hinzufügen. Doch ist man nicht unbedingt auf die Tesla-eigenen Ladestationen angewiesen – man kann den Wagen an jeder Steckdose anschließen, auch wenn das Laden dann länger dauert. Mitnehmen kann man genug auf Reisen: Das Kofferraumvolumen umfasst 895 Liter. Mit einem ausklappbaren Doppelsitz für Kleinkinder gibt sich der Wagen auch familienfreundlich. Daniel Hammerl, Leiter von Tesla Motors Wien (siehe Interview auf S. 112), ist dabei nicht nur stolz auf das Produkt, das er vertreibt, sondern auch auf die mit allen technischen Schikanen ausgestattete Werkstatt. Einen derart fleckenfreien Boden und solch gute Luft sucht man in anderen Autohäusern vergebens. Good, clean fun – so macht umweltschonendes Autofahren tatsächlich Spaß. Respekt, Mr. Musk.
„Tesla-Fahrer sind Individualisten“
Daniel Hammerl leitet das Tesla Service Center in Wien Liesing. Im Gespräch erzählt er von den Anfängen in Österreich, Alleinstellungsmerkmalen und dem besonderen Kundenspektrum.
Wie sind Sie zu Tesla gestoßen?
Obwohl ich zuvor nie in der Automobilindustrie gearbeitet habe, hatte ich immer eine große Affinität zu Sportwagen. 2009 hielt ich an einer Ampel und sah neben mir zufällig einen Tesla Roadster. Ich kurbelte das Fenster herunter und sagte dem Fahrer, dass ich seinen Tesla gerne einmal testen würde. Der Fahrer war verwundert, dass ich den Wagen überhaupt kenne – damals war das Auto in Europa nahezu unbekannt. Wie sich herausstellte, handelte es sich bei dem Fahrer um Craig Davis, einer von drei Menschen, die Tesla in Europa gestartet haben. Ich arbeitete damals in der Mobilfunkindustrie und Davis fragte, ob ich Lust hätte, etwas ganz anderes zu machen. Ich sagte ja und bin mittlerweile seit über drei Jahren bei Tesla.
Wie schwierig haben sich die Anfänge gestaltet?
Ich habe hier in Österreich sozusagen als One-Man-Show begonnen. Anfang 2011 kannte man Tesla hierzulande kaum. Noch dazu galt der Roadster als Nischen- und Spitzenprodukt: limitierte Stückzahl, handgefertigt, Kohlefaserkarosserie, hochpreisig. Ich habe also zunächst in Personalunion den Markt betreut und aufgebaut. Mir war es wichtig zu zeigen, dass Elektromobilität kein Substitut sein muss, sondern sehr viel Spaß machen kann. Ein Elektroauto muss nicht klein sein und sich auf urbane Gebiete beschränken, es kann durchaus ein emotional behafteter Sportwagen sein. Das ist gelungen, wir wachsen extrem schnell. Mittlerweile arbeiten hier 16 Menschen und es sind immer noch einige Stellen ausgeschrieben.
Wie erfolgreich ist Tesla in Österreich heute und wie sieht die weitere Strategie aus?
Wir haben mittlerweile 33 Roadster in Österreich abgesetzt. Das ist eine gute Zahl, vor allem, wenn man bedenkt, dass es nur 2500 Stück gibt. Was das Model S betrifft, haben wir im September 2013 mit der Auslieferung begonnen und stehen jetzt knapp vor der hundertsten Auslieferung. Die große Kundennähe ist dabei ein wichtiges Element. Außerdem wissen wir genau, wo in Österreich wir den meisten Zuspruch haben – so sind mit Linz und Graz zwei weitere Standorte in Planung. Für Österreich lässt sich ein Ost-West-Gefälle feststellen – mit einem extrem hellen Punkt in Oberösterreich.
Wie hoch ist die Hemmschwelle für den Kunden beim Kauf eines Elektroautos?
Ein Elektroauto bedeutet für jeden einen Bruch mit dem Normalen. Wir haben gelernt: Ich setze mich in ein Auto und fahre los, Tankstellen gibt es überall. Beim Elektrofahrzeug ist es ähnlich, aber nicht gleich. Ich fahre es nicht völlig leer und tanke es dann wieder auf. Wenn ich raste, lade ich auch das Auto auf. So beginnt jeder Tag mit einem vollen Akku. Das Thema Ladeinfrastruktur ist aber natürlich beratungsintensiv, da es verschiedene Anbieter gibt, da herrscht ein gewisser Wildwuchs. Aber eine Tour durch Österreich oder Europa ist absolut kein Problem. Eine Sache, die außer uns niemand anbietet, ist das Superchargernetwork. Vom Habitus kommen wir hier den Verbrennern nahe. Zwar dauert der Ladevorgang dabei nicht fünf Minuten sondern dreißig, aber dann ist das Auto wieder voll geladen. Ein Deutscher hat vor einer Weile eine Welttour mit einem Roadster unternommen. Da gab es wilde Geschichten, etwa in Kasachstan an Strom zu kommen. Aber es ist ihm gelungen.
Gibt es den typischen Tesla-Kunden?
Ich sehe zwar eine kleine Häufung bei Anwälten und Ärzten, aber im Grunde ist das Kundenspektrum breit gefächert. Ein Milchbauer aus Oberösterreich etwa verfügte vorher weder über ein Mobiltelefon noch über einen Internetanschluss. Das braucht man aber, wenn man einen Tesla bestellen will. Also hat er sich beides extra zugelegt. Ich würde sagen, Tesla-Fahrer sind Individualisten, Unternehmer, Geschäftsführer von kleinen und mittleren Unternehmer. Kunden, die ökologisch mit gutem Beispiel vorangehen und dennoch Spaß haben wollen. Ich glaube, unsere Kunden haben eine gewisse Reife um zu sagen: „Es ist nicht nötig, Ressourcen zu verschwenden.“ Der 22-jährige, der zu Geld gekommen ist und auffallen will, gehört nicht zu unserer Zielgruppe.
Wer legt sich eher einen Roadster zu und wer ein Model S?
Das haben wir, glaube ich, clever gemacht. Viele Kunden, die keinerlei Ambitionen auf einen Sportwagen hatten, haben sich einen Roadster genommen. Sie wollten eigentlich ein Model S, um zum Beispiel elektrisch an den Wörthersee zu fahren. Aber nachdem das Model S noch nicht erhältlich war, starteten sie eben mit dem Roadster und sagten sich: „Ich wechsle später.“ Ich wusste aber genau, dass sie nicht mehr wechseln würden – dafür war die Begeisterung für den Roadster zu groß.
Tesla trat mit dem Anspruch an, Elektroautos für die breite Masse anzubieten. Dafür sind die Wagen aber noch zu teuer.
Hätte es nicht Firmen gegeben, die die ersten Mobiltelefone anbieten, wären wir nie dort, wo wir jetzt sind – das einem mit jedem Vertrag ein iPhone hinterhergeworfen wird. Es ist natürlich ungewöhnlich, gleich in so einem Segment zu beginnen wie wir. Aber wir wollen ein Auto bauen, dem man nicht auf jeden Kilometer ansieht, dass es elektrisch ist. Ein Auto mit innovativen Alleinstellungsmerkmalen wie dem Touch-Display. Wir kämpfen uns immer weiter in die breite Masse vor. Elon Musk hat ja auch angekündigt, mit der „Generation 3“ ein Auto in der Premium-Mittelklasse auf den Markt zu bringen, in der finanziellen Größenordnung von 35.000 Dollar.
Womit man auch argumentieren könnte, ist die Ersparnis auf lange Sicht.
Klar, der Konsument schaut zunächst auf den Einstiegspreis. Wenn man die Kosten über eine längere Laufzeit betrachtet, sieht die Sache aber schon anders aus. Ein Elektromotor hat einen dreimal so hohen Wirkungsgrad bei drei- bis viermal geringeren Energiekosten. In Österreich kann ich mir auch einen Energielieferanten aussuchen, der erneuerbare Energie anbietet, außerdem verfügen viele unserer Kunden über Photovoltaikanlagen.
Manche Skeptiker führen ins Feld, dass die Lautlosigkeit von Elektro-autos ein höheres Unfallrisiko mit sich bringt.
Das wird heißer gekocht als gegessen. Fakt ist, dass unsere Autos beim Start und bei niedriger Geschwindigkeit leise sind. Aber was stört denn die Menschen in der Stadt? Dass es laut ist und stinkt. Jetzt haben wir ein Auto, das leise ist und nicht stinkt. Sich darüber zu beschweren, mutet seltsam an. Besonders seltsam finde ich, dass die Briten jetzt in der EU durchboxen wollen, dass Elektroautos mit künstlichen Motorengeräuschen versehen werden sollen. Eine gewisse Gefährdung durch Autos ist immer gegeben. Ab 30 km/h ist die Diskussion ohnehin wertlos, weil es Abroll- und Windgeräusche gibt. Und ab 80 km/h gibt es überhaupt keinen Unterschied mehr zu Autos mit Verbrennungsmotoren. Es gab bisher – da klopfe ich auf Holz – noch keinen Unfall. Das sage ich auch jedem Kunden bei der Übergabe. Dann geht man auch viel bewusster mit dem Auto um.