Der australische Regisseur Baz Luhrmann zählt mit seinem extravaganten Elvis-Biopic in diesem Jahr erneut zu den großen Oscar-Favoriten. Einstweilen ruft er im Rahmen einer aktuellen Kampagne zu mehr Kreativität und Einfallsreichtum im Alltag auf. Mitmachen kann… jeder! Im Interview spricht er über seinen eigenen kreativen Prozess, Angst und Abenteuerlust, gute Ratschläge und die Neugier an der Welt.
Woher stammt die Idee zu dieser Kampagne?
Nach fünf Jahren ununterbrochener Arbeit an Elvis und anschließender Pressetour war ich reif für eine Auszeit. Aber ich bin nicht der Typ, der sich unter eine Palme legt und nichts tut. Außerdem habe ich in letzter Zeit viel darüber nachgedacht, wie ich selbst angefangen habe, ein «Kreativer» zu werden. Ich bin in einer abgelegenen Kleinstadt auf dem Land aufgewachsen, da gab es auf den ersten Blick wenig Möglichkeiten. Aber es braucht nicht viel, um kreativ zu sein. Für mich waren es nicht nur Geschichten oder Filme, die mich inspiriert haben, oder ein Fake-Radiosender, den wir uns ausdachten. Es waren vielmehr die Momente, in denen wir zum Fluss hinunter gingen, um ein Abenteuer zu erleben. Denn jedes Abenteuer ist an sich schon ein kreativer Akt.
Was erwarten Sie sich von dem Projekt?
Wir vertrauen darauf, dass die Leute den Mut haben, einfach alles zu machen. Das heißt nicht, dass es gleich ein Film werden muss. Klar kann man das auch machen, und wenn jemand eine Idee hat, ist das großartig. Oder wenn Leute Musik spielen, das ist toll. Es ist aber genauso gut, wenn jemand am Strand ein paar Muscheln einsammelt und daraus einen Kronleuchter macht. Oder ein anderer merkt, dass es in seinem Leben ein Muster gibt, dass er oder sie einfach durchbrechen wollen. Auch das ist ein kreativer Akt, und darum geht es hier.
Und jeder kann mitmachen?
Ja. Wir wollen die Menschen dazu ermutigen, ihrer Inspiration freien Lauf zu lassen, einfach etwas zu schaffen, dass sie morgens aus dem Bett holt. Es ist mir egal, wie scheinbar nichtig es einem vorkommt, was das ist. Wir leben in einer Welt, in der sich die Leute über soziale Medien beim Aufstehen filmen und eine Million Follower schauen dabei zu. Die meisten von uns denken in dem Moment: Oh nein, das ist nichts für mich, ich bin nicht interessant genug. Dazu kommen die Katastrophen, die uns tagtäglich umgeben, wie die Pandemie, der Krieg in Europa. All das führt dazu, dass wir uns nur noch machtloser fühlen. Es macht uns verletzlich und angreifbar. Aber die Frage ist doch: Wie können wir mit dieser latenten Angst umgehen? Wie können wir uns unsere eigene Entscheidungsfreiheit zurückerobern.
Was bedeutet Kreativität für Sie persönlich?
Freiheit. Das kann körperlich sein oder mental. Ich bin überzeugt, dass man jegliche Grenzen sprängen kann, wenn man sich darauf einlässt, kreativ zu denken und sich selbst die Erlaubnis gibt, die eigenen Ideen umzusetzen. Man muss nur verstehen, dass die Lösung im Inneren liegt, nicht im Äußeren.
Haben Sie das Gefühl, dass wir in dem Überfluss an Informationen, der uns heute permanent zur Verfügung steht, unsere Neugier an der Welt verloren haben?
Ich kann nur für mich sprechen. Aber ich denke, da ist was dran. Man muss sich keine Mühe mehr machen, an Wissen oder Informationen zu gelangen, neugierig zu sein. Und viele Menschen haben den Kopf nicht mehr frei dafür. Ich habe erst heute Morgen wieder darüber nachgedacht: Ich kann alles machen, was ich will, einfach absolut alles. Aber im Moment kommt es mir so vor, als sei meine kreative Energie vollkommen erschöpft. Ich muss Zeit für mich finden, um den Tank wieder aufzufüllen. Und ich habe mich gefragt: Was möchte ich lernen? Was möchte ich wissen? Was könnte mich an an einen Ort führen, auf den ich neugierig bin? Ich glaube nicht, dass wir dieses Gefühl des Staunens komplett verloren haben, aber es wird heutzutage immer schwieriger, zu erkennen und anzuerkennen, wie wichtig es ist, sich darauf einzulassen.
Sie haben seit Ihrem ersten Debüt Strictly Ballroom von 1992 insgesamt nur sechs Filme gedreht. Ist Zeit für Sie ein wichtiges Element im kreativen Prozess?
Ja. Manchmal habe ich zwischendurch andere Dinge gemacht, aber ich drehe nicht so viele Filme, weil ich wirklich nach Stoffen suche, die ein großes Abenteuer für mich bereithalten. Ich recherchiere, lebe und atme meine Filme so lange, weil ich diesen Teil der Arbeit am liebsten mag. Ich könnte auch einfach nur das machen, ohne die Filme am Ende fertig zu stellen. Weil wenn sie fertig sind, gehören sie mir nicht mehr. Sie bekommen ein Eigenleben. Davon abgesehen, bin ich jedoch an jedem einzelnen Aspekt der Filme beteiligt, vom Drehbuch über die Musik bis zum Look, ich mache am liebsten alles selbst. Ich arbeite mit brillanten Leuten zusammen, aber ich muss über alles immer selbst die Kontrolle haben.
Ihre Filme sind extravagant im besten Sinne des Wortes. Sie tragen Ihre ganze spezielle Handschrift. Wie würden Sie Ihren persönlichen Stil beschreiben?
Wahrscheinlich ist mein persönlicher Stil der Feind der Kunst. Ich mache mich mit einem Ziel auf den Weg und setze dann alles daran, dieses Ziel zu erreichen. Dazu gehören immer viel Humor, viel Energie, etwas Pathos und eine gewisse Körperlichkeit. Aber ich analysiere meine Art des Filmemachens nicht. Genauso gut könnten Sie fragen: Warum ist etwas Felliniesque? Ich weiß es nicht. Wahr ist, dass ich manchmal wünschte, ich könnte einfach Filme machen wie alle anderen. Aber es gelingt mir nicht. Ich bin wie ich bin. Und vielleicht steckt diese Reizüberflutung ein Stück weit in mir.
Elvis wirkt in der Hinsicht fast ein bisschen so, als hätten Sie sich bewusst zurückgehalten.
Ja, und dafür gibt es einen Grund. Ich musste mich mit der Realität auseinandersetzen, mit einer realen Person, einer Ikone. Es war also eher eine aufgabenspezifische Neuorientierung. Der Film oszilliert zwischen Fiktion und Wirklichkeit, Überhöhung und Bodenständigkeit, was an sich schon eine Art umgekehrter Trick ist, weil Elvis so ein unglaublicher Showman war.
Sie machen Filme auf einem unglaublich hohen Niveau. Verfluchen Sie sich manchmal dafür?
Ja. Meine Filme wirken auf mich manchmal wie Couture-Kleider in der Modewelt, diese unglaublich hochwertigen, außergewöhnlichen Kleidungsstücke, die sich nur sehr wenige Menschen leisten können. Dann denke ich, vielleicht sollte ich mehr Prêt-à-porter-Mode machen. Das wäre wahrscheinlich gesünder für mich.
Sind Sie ein Perfektionist?
Eigentlich nicht. Aber vielleicht ist das der größte Fehler eines Perfektionisten, dass er sich nicht als solcher versteht. Ich weiß nur, dass meine Filme für mich nie perfekt sind. Erst gestern ist mir in Elvis eine kleine Stelle aufgefallen, wo ich dachte, da hätte ich noch mal drübergehen sollen.
Welchen Rat würden Sie denen geben, die bei der Kampagne mitmachen wollen?
Ich kann das nicht genug betonen, aber die Leute sollten nicht zu viel darüber nachdenken. Und sie sollten nicht denken, dass es um einen Wettbewerb geht. Denn Kunst ist kein Wettbewerb. Viel wichtiger ist es, sich von den eigenen Gefühlen leiten zu lassen und seinem Bauch zu vertrauen. Fühlen ist Instinkt, Denken ist Intellekt.
Was ist der beste Rat, den Sie je erhalten haben?
Lass dich nicht aufhalten und geh deinen Weg!
SAW THIS, MADE THIS
In Zusammenarbeit mit Hunderten von Künstlern und Kreativen aus verschiedenen Disziplinen werden im Rahmen der BOMBAY SAPPHIRE Kampagne Vorher-Nachher-Videos und -Fotos mit dem Titel «Saw This, Made This» veröffentlicht, die zeigen, wie Menschen die Welt um sich herum neu betrachten und ihrer Inspiration kreativen Ausdruck verleihen. Wer mitmache will, kann seine kreativen Inspirationen und das, was aus ihnen entstanden ist, in den sozialen Medien mit dem Hashtag #SawThisMadeThis teilen.