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Austropop 2.0

Text: Günther Bus Schweiger | Fotos: Press
Foto: Ronnie Niedermeyer

Jahrelang war der Begriff Austropop Synonym für ein geächtetes, erstarrtes Genre, das sich durch minder begabte Reimknechte, musikalische Armseligkeit und absolut keine künstlerische Relevanz auszeichnete. Die mediale Wahrnehmung beschränkte sich auf die Pflichtberichterstattung von Jubiläen und Neuerscheinungen, die aber die Wahrnehmungsschwelle nicht erhöhte.

2015 beginnt nun diese Ablehnungsfront zu bröckeln. Wanda feiern als Partyband der Herzen mit Texten im Dialekt ungeahnte Erfolge, 5/8erl in Ehr’n füllen landauf, landab die Säle, werden auch schon ins Konzerthaus gebucht und das Generationenprojekt Worried Man und Worried Boy steht in den Startlöchern. Wobei der Worried Man wohl als einer der Begründer der Dialektwelle gelten kann, denn die Debütsingle der Worried Men Skiffle Group „Glaubst I bin bled“ erschien 1970 eine Woche vor Marianne Mendts „Glockn“. Bilderbuch haben zwar mit dem österreichischen Idiom nichts am Hut, aber den Erfolg und die Sturheit scheinbar unverrückbare Strukturen nicht anzuerkennen, teilen sie mit Wanda.

Ist diese Häufung nun ein Zufall oder steckt da mehr dahinter? Walter Gröbchen, Vorsteher von Monkey Records, früheres Redaktionsmitglied der Ö3 Musicbox und Herausgeber des Buches „Heimspiel“, einer facettenreichen Analyse heimischen Musikschaffens, hat dazu eine klare Meinung: „Es ist kein Zufall – es gibt immer mehrere Leithammel oder Leitfiguren, die andere mitziehen und das führt dann zu einer Verdichtung. Zeitgleich gibt es ja auch eine vorsichtige Annäherung an den historischen Austropop, im Sinne eines entdeckungsfreudigen Wiederhervorholens. Aber der Schwung mit dem Wanda angetreten sind, war für viele überraschend, auch für mich und im Moment ist man ja gebannt von diesem altmodischen Erfolg, ich bin mir aber ziemlich sicher, dass da auch auf breiterer Basis ein Damm brechen wird.“

Fairness für die Vergangenheit

Warum gerade jetzt diese Annäherung an die Vergangenheit möglich ist, mag viele Gründe haben: Georg Danzer und Ludwig Hirsch sind nicht mehr am Leben, das Gefühl, dass eine Generation demnächst abtritt, verfestigt sich, schafft gleichzeitig aber auch Platz für neue Ideen. Wahrscheinlich ist aber, dass das Mittelmaß bereits durch das Sieb der Geschichte gerieselt ist und die guten und großen Songs die Zeit überdauert haben. In dieses Klima platzt nun „Unser Österreich“. Ernst Molden und der Nino aus Wien covern darauf 12 klassische österreichische Lieder – oder spielen sich, wie im Begleittext formuliert, durch das „Great Austrian Songbook“, in dem auch beide schon mit ihren eigenen Songs ihre Spuren hinterlassen haben. Man denke nur an die „Hammerschmidgossn“, „Ohne Di“, „Du Oasch“ oder den „Schlagoberskoch“. Ausgesucht wurden vorwiegend Lieder aus den frühen siebzigern, als sich Wolfgang Ambros, Georg Danzer, Sigi Maron und mit Abstrichen André Heller gegen ein graues, enges und zurückgebliebenes Österreich wehrten und aus der Wut heraus große Songs entstanden. Wer wissen will, wie dieses graue Land und seine Hauptstadt aussahen und welche Figuren darin herumstapften, dem sei das Wiedersehen der ersten Folgen von Kottan ermittelt ans Herz gelegt. Ernst Molden erlebte diese erste kreative Welle zumindest in den späteren siebzigern noch mit, aber wie stieß der Mittzwanziger Nino auf diese Lieder?  „Ich kenne die meisten Lieder schon lange, viele seit meiner Kindheit, meine Eltern sind Austropop-Liebhaber. Nicht alle, einige hab ich auch erst viel später entdeckt. Spaßhalber haben wir irgendwann begonnen, bei unseren Livekonzerten ein paar dieser Lieder zu covern. Es hat irrsinnigen Spaß gemacht, uns selbst und anscheinend auch dem Publikum. Dann kam die Idee vom Ernst, das auch auf Platte zu bringen. Ich war sofort dabei.“ Die ersten drei Lieder, auf die sich die beiden geeinigt haben, waren Danzers „Vorstadtcasanova“, „De Spur von dein nokatn Fuas im Saund“ von Sigi Maron und „Und dann bin I ka Liliputana mehr“ von André Heller, diese drei Songs wurden auch zu den Standardzugaben bei den gemeinsamen Konzerten. „Wir wollten, erzählt Ernst Molden, „ diese zentralen Austropoplieder der ersten Phase einmal so hören und aufnehmen, wie man sie jetzt jahrzehntelang am Lagerfeuer gespielt hat, nämlich nur mit Stimme und Gitarre. Das ist sich ja bei den Austros damals nie ausgegangen, weil immer schon Produzenten wie die Opratkos und Kolonovitse gewartet haben. Wir haben uns aber sehr schnell darauf geeinigt, dass wir als Schreiber den Danzer am besten finden und als Interpreten und eigenständige Figur den Ambros.“ Durch den Nino ist dann der Falco hineingekommen, der mit „Nachtflug“ und „Ganz Wien“ vertreten ist und zeitlichen Horizont der Entstehung bis in die neunziger verschiebt.

Vollständiger Artikel in der Printausgabe.

Ernst Molden und der Nino aus Wien „Unser Österreich“

Monkey/Hoanzl/Broken Silence

Live: 12.3.2015 Linz /Posthof, 13.3 Wien / Arena, 17.3 Zürs / Hotel Valluga, 18.3 St. Anton /Hotel Anton, 26.3 Tulln / Danubium, 6.4 Graz / Volkshaus 15.4. Salzburg / Arge Kultur

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