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Little words, big art

Zwischen Emotionen und Pop Art: die Arbeiten Yoshitomo Naras in der Albertina Modern.

Yoshitomo Nara „Ships in Girl“ 1992. Acrylic and colored pencil on paper. Collection of the artist, Curtesy Pace Gallery © Yoshitomo Nara, Foto: Yoshitomo Nara

Yoshitomo Nara hat es bislang auf rund 40 weltweite Soloausstellungen gebracht. Der japanischer Maler, Zeichner, Bildhauer und Holzschnitzer studierte zunächst an der Aichi Prefectural University of Fine Arts and Music in Nagakute, später an der Kunstakademie Düsseldorf. Nachdem er den Großteil der neunziger Jahre in Europa verbracht hatte, kehrte er 2000 nach Japan zurück. Als Jugendlicher kam Nara durch einen amerikanischen Militär-Radiossender in Honshu mit westlicher Pop-, Rock- und Countrymusik in Berührung, was sich als einflussreich für seine Kunst herausstellen sollte – seit den neunziger Jahren entwirft er Plattencover für Bands wie Fantômas oder R.E.M. Da seine Eltern berufstätig und auch die großen Brüder nur selten zuhause waren, fühlte Nara sich oft allein – ein Schlüsselelement, das in seine Arbeit einfließen sollte. Zu größerer Bekanntheit kam der Künstler während der japanischen Pop-Art-Bewegung in den Neunzigern. Er schuf Skulpturen, Gemälde oder Zeichnungen von auf den ersten Blick harmlosen Objekten und Subjekten, die bei näherer Betrachtung eine zweite Ebene offenbaren: Berühmt wurden die „Angry Girls“, stilisierte Mädchendarstellungen mit grimmigem Blick, Vampirzähnen oder Messern in den Händen. Unverkennbar ist dabei der Einfluss von Comics und Zeichentrickfilmen.

Yoshitomo Nara „Untitled“ 2005. Colored pencil on paper. Collection of the artist, Courtesy Pace Gallery © Yoshitomo Nara, Foto: Yoshitomo Nara

Die ALBERTINA MODERN widmet Nara nun mit „All My Little Words“ die seit über zehn Jahren erste große Museumspräsentation in Europa. Der Schwerpunkt liegt auf Naras zeichnerischem Werk aus 40 Jahren, das in einer vom Künstler selbst zusammengestellten Hängung gezeigt wird. Frühe experimentelle Arbeiten auf Papier sind ebenso dabei wie Gemälde, Skulpturen und raumgreifende Installation. Die Zeichnungen, die einen starken Einfluss von subkulturellen Strömungen reflektieren, zeigen Nara dabei als gesellschaftspolitisch interessierten Künstler: In einer Art von Tagebuchform fasst er soziale Normen und gesellschaftliche Ideale in den Blick. Im Medium der Zeichnung kann der Betrachter eine breite emotionale Palette zwischen Verletzlichkeit und Widerstandsgeist ausmachen. Naras Figuren mit ihren Super-Deformed-Proportionen brachten ihm internationale Anerkennung als Vertreter der japanischen Superflat, einer Kunstbewegung, die sich auf genau diese Art von Ästhetik und ihre Rolle in der japanischen Konsumgesellschaft bezieht. Der „kawaii“-Aspekt (japanisch u. a. für süß, klein, unschuldig) dient Nara hauptsächlich zur Interaktion. Seine Zeichnungen sind intuitiver Ausdruck von Gefühlen, die ohne elitären Gestus von jedem verstanden werden können.

Yoshitomo Nara „Burn“ 2022. Colored pencil on paper. Collection of the artist, Courtesy Pace Gallery, Foto: Keizo Kioku

Das kleine Mädchen mit dem großen Kopf gab Nara das Gefühl, etwas kreiert zu haben, das seinem Innersten entspricht. Die Waffen in den Händen der kindlichen Figuren will der Künstler aber nicht als Ausdruck von Aggression verstanden wissen; die Waffen seien so klein wie Spielzeuge, die Kinder könnten damit nicht in einem Kampf bestehen. Vielmehr befänden sich die Kinder unter größeren, böseren Menschen, die auch größere Waffen in den Händen hielten.
Dennoch erscheinen die Mädchen als starke kleine Persönlichkeiten, die sich der Welt der Erwachsenen widersetzen – eine Art von Widerstand im Geiste des Punk.

 

Yoshitomo Nara – All My Little Words
www.albertina.at

 

| FAQ 71 | | Text: Oliver Stangl
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