Die Sehnsucht nach Behausung sitzt tief im Menschen und macht weder vor Witterungsverhältnissen noch vor Landschaftsformen halt. Wenn man aber in der Natur baut, sollte das stets mit größtmöglichem Respekt geschehen – egal ob es sich um Wald, Wüste, Gebirge oder Strand handelt. Die im Bildband „Sublime Hideaways“ versammelten Residenzen, die von Größen wie Ludwig Mies van der Rohe, Jørn Utzon und José Antonio Coderch, aber auch jungen Designbüros geplant wurden, sind nicht nur architektonische Meisterstücke, sondern gehen mit ihrer Umgebung oftmals einen Dialog ein und setzen nicht selten auf Nachhaltigkeit. 26 Residenzen (vom Hauptwohnsitz bis zum Wochenenddomizil) aus Europa, Australien, Nordamerika und Südamerika sind in diesem Buch versammelt, jede ein Juwel für sich.
Casa Azul, Studio MK27, Gua Rujá, Brazil.
Photo: André Scarpa, Sublime Hideaways, gestalten 2023
Beginnen wir mit der Südhalbkugel: Von einem der renommiertesten Architekturbüros Brasiliens, Studio MK27, wurde die 2020 fertiggestellte Casa Azul geplant. Das Haus steht inmitten des brasilianischen Regenwaldes in einem Naturschutzgebiet und verbindet einen dezidiert modernistischen Stil mit leichten Anklängen an die inidigene, aber auch portugiesische Historie des Landes. Die dominierenden Baustoffe des 122 Quadratmeter-Hauses sind Holz und Beton, insgesamt gibt es drei Ebenen. Durch eine Säulenkonstruktion hebt sich das Gebäude vom Untergrund ab, was es einerseits vor Feuchtigkeit schützt und es andererseits besser in die umgebende Vegetation integriert. Diese Erhöhung gibt zusätzlich einen Ausblick auf Baumkronen und den nahen Atlantischen Ozean frei. In der untersten, rechtwinkeligen Wohnebene heben große Glasschiebetüren den Unterschied zwischen dem Innen und dem Außen auf. Ein Freideck beinhaltet einen Swimmingpool, in dem man schwimmend das Urwald-Panorama genießen kann, hinter einer angrenzenden Steinwand verbergen sich Badezimmer und Sauna. Spezielle Holzgitter, sogenannte muxarabi, dienen als Sonnenschutz, ohne freilich die Aussicht zu behindern. Die Struktur des Hauses sei als Spiel mit leerem und befüllbarem Raum angelegt, so die Architekten. In einem Naturschutzgebiet zu bauen ist klarerweise eine große Herausforderung, daher habe man sich, so MK27, an das strengste brasilianische Umweltzertifikat gehalten.
May’s Point, Tanner Architects, Tasmania, Australia.
Photo: Adam Gibson, Sublime Hideaways, gestalten 2023
Rain Harvest Home, Robert Hutchison Architecture and Jsa Arquitectura, Temascaltepec, Mexico.
Photo: Jaime Navarro, Sublime Hideaways, gestalten 2023
Ebenfalls in einem Naturreservat steht das 2020 finalisierte Rain Harvest Home von Robert Hutchinson Architecture & JSA Architectura. Die stilvolle und innovative Residenz im mexikanischen Temascaltepec hat der Amerikaner Hutchinson für sich und seine Familie errichtet. Zur Umgebung passend legte der Architekt besonders großen Wert auf Nachhaltigkeit, insbesondere den bewussten Umgang mit Wasser: Ein ausgeklügeltes Auffangsystem sammelt Regenwasser und sorgt so für komplette Autonomie auf diesem Gebiet. Darüber hinaus gibt es Anbauflächen für Obst und Gemüse, wodurch die Bewohner sich zum Teil selbst mit Nahrung versorgen können. In Sachen Design treffen moderne und rustikale Stilelemente aufeinander: Im Inneren der 372 Quadratmeter-Residenz kreiert die Kombination aus Holz, warmen Farben und durch Panoramafenster dringendes Sonnenlicht einen hohen Wohlfühlfaktor. Einer der „Wow“-Faktoren ist sicherlich ein rundes Badehaus, das einen zentralen Pool, eine Dampfdusche und ein kreisförmiges Fenster, durch das Regen eingelassen werden kann, beinhaltet. Entspannung und ein respektvoller Umgang mit der Natur – hier gehen sie Hand in Hand …
Lesen Sie den vollständigen Artikel in der Printausgabe des FAQ 71
SUBLIME HIDEWAYS
Remote Retreats and Residences
gestalten, Berlin 2023.
Hardcover, 24 x 30 cm
288 Seiten, € 50
www.gestalten.com