Der Begriff „Underdog“ ist in Luc Bessons neuester Extravaganz nicht bloß metaphorisch zu verstehen. Douglas Munrow, titelgebender Dogman, ist unter Hunden groß geworden. Der Vater hatte ihn einst in den Zwinger hinterm Haus geworfen, verärgert ob der Zuneigung, die der Menschensohn den dort eingepferchten Vierbeinern in Form von Futter entgegenbrachte. Der Vater, ein Spross aus der Hölle, befeuert von einer gefährlichen Mischung aus religiöser Inbrunst und unbezwingbarem Jähzorn – von Clemens Schick ohne Zurückhaltung auf die Spitze getrieben. Assistiert von einem Sohn/Bruder, der das Erbe der toxischen Männlichkeit angenommen und den vom Altvorderen dargebotenen Panzer aus Hass bereits angelegt hat. Gemeinsam geht es gegen den Schwächling, das Weichei, das Söhnchen einer Mutter, die lang schon das Weite gesucht hat; bis der schließlich körperlich derart beschädigt ist, dass er fortan im Rollstuhl sitzt. In Gestalt von Caleb Landry Jones, dessen bewunderungswürdige, bereits vielfach vielgepriesene Darbietung dem von Besson erdachten maßlosen, melodramatischen Kracher die hochnotwendige Bodenhaftung verleiht. Und Herz und Seele obendrein. Gemeinsam mit den Hunden natürlich.
Denn Hunde wertschätzen, wer ihnen Gutes tut, und sie vergessen auch Douglas nicht, der nach seiner Befreiung aus den Klauen des Vaters bald schon mit einem ganzen Rudel bester Freunde und -innen in einem verlassenen Schulgebäude zusammenlebt. Man hilft sich gegenseitig: Doug kümmert sich ums Wohlergehen und sorgt für Futter, die Hunde gehen auf Raubzüge und besorgen das Geld. Ja, wirklich. Nicht das geringste Vergnügen an DogMan bieten die schlau agierenden Hunde. Ein ganzer Haufen, der stolz vorführt, was er gelernt hat, drauf hat, kann. Und sei es auch „nur“ mit gestrenger Miene und übergeschlagenen Vorderpfoten den Wächter geben. Den es auch braucht; denn Doug steht bedingungslos auf der Seite der Underdogs und dann bald mit einer mexikanischen Gang auf Kriegsfuß – was zu einem Showdown-Highlight führt, das nicht nur Bessons Liebe zum Spektakel beweist, sondern auch seinen nicht versiegenden Ideenreichtum bei dessen Umsetzung.
Doch die Resonanz auf DogMan ist bislang verhalten. Von einem fulminanten Comeback des vor einigen Jahren wegen sexuellen Fehlverhaltens in Ungnade gefallenen Regisseurs will kaum jemand sprechen. Man wird das Gefühl nicht los, dass die Hunde, ihr schauspielernder Freund und die wilde G’schicht für den Makel ihres Erfinders büßen müssen. Sie hätten Besseres verdient.
DOGMAN
Drama/Action, Frankreich/USA 2023 – Regie, Drehbuch: Luc Besson
Kamera: Colin Wandersman; Schnitt: Julien Rey; Musik: Éric Serra; Production Design: Hugues Tissandier; Kostüm: Corinne Bruand, Jacki Roach
Mit: Caleb Landry Jones, Marisa Berenson, Christopher Denham, Michael Garza, Jojo T. Gibbs, Avant Strangel, James Payton
Verleih: Polyfilm, 113 Minuten
Kinostart: 12. Oktober