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Keine Angst

Text: Günther Bus Schweiger | Fotos: Andreas Jakwerth

Nimet Eloui, Tochter eines ägyptischen Hofmeisters, war in den späten zwanziger Jahren eine starke selbstbewusste und selbstbestimmte Frau. Wenn man der Überlieferung trauen darf, raste sie liebend gern mit ihren Auto über die abenteuerlichen Straßen der Schweizer Bergwelt. Am Beifahrersitz saß oft Rainer Maria Rilke, dem die Angst ins Gesicht geschrieben stand. Angeblich pflückte er ihr im Tal einen Strauß Rosen, verletzte sich dabei an den Dornen und starb in der Folge an der Blutvergiftung.

Gefährdungen aller Art hat Franziska Abgottspon, deren Bühnen-name auf Eloui zurückgeht, nicht im Sinn. Die Musikkarriere der gebürtigen Schweizerin, die eigentlich in der bildenden Kunst startete, verlief bisher an den Rändern. Sie lieh Frenk Lebels großem Popversuch „Poems. Contradictions“ ihre Backgroundstimme und war bei Ernesty International und dem Musikerkollektiv Thalija vor allem als Bassistin aktiv. Nach dem Debütalbum „Chasing Atoms“ vor vier Jahren, das von FM4 für den Amadeus Award nominiert wurde, ist nun mit „Tangles And Loose Ends“ das zweite Album erschienen. Eloui hat endgültig ihre Stimme gefunden. Und dabei bewahrheitet sich, dass die Musik von Eloui im besten Sinne unabhängig ist. Die Credits des neuen Albums verraten „Written, Produced and Recorded by Eloui“, wobei sie natürlich auch fast alle Instrumente selbst einspielte – nur bei den Bläser- und Streichersätzen, ließ sie sich von befreundeten Musikern helfen.

Die Multiinstrumentalistin mit der wunderbaren Stimme packt ihre Songs in Klangwelten abseits der bekannten Arrangementideen und wurde dafür auch bei ihren Auftritten beim Wiener Popfest heftig akklamiert. Sie verbindet Streicher mit sanfter Elektronik, schreckt nicht vor Samples zurück und wenn sie dazu dann noch ihre Ukulele auspackt, wird ein ebenso eigenwilliger wie hörenswerter Popentwurf wahr. „Fear and do it anyway“ ist der Leitsatz ihres künstlerischen Schaffens, dem sie leidenschaftlich folgt.So schafft sie es tatsächlich, Neues zu schaffen und sich nicht auf gut abgehangene Referenzsounds zu verlassen. Und das ist in der Nostalgiehölle der gegenwärtigen Musikproduktion ein Verdienst, der nur einem ausgesuchten, immer kleiner werdenden Künstlerkreis gelingt.

Eloui Tangles and Loose Ends (EMG)

Live 14. Dezember, Radiokulturhaus, Wien

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