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Bettina Rheims

Text: Oliver Stangl | Fotos: Press
Breakfast with Monica Bellucci, November 1995, Paris © Bettina Rheims

Sie gehört zu den prägenden Fotografinnen der letzten Jahrzehnte: Bettina Rheims, Jahrgang 1952. Die Fotografie entdeckte die Tochter eines Kunsthistorikers in den späten siebziger Jahren für sich, wobei ihr der weibliche Körper bald zum zentralen künstlerischen Thema wurde. Mit der Wahl ihrer Motive, dem Spiel mit offensiver Erotik sowie hintergründigen Inszenierungsstrategien sorgte Rheims dabei immer wieder für Aufsehen, beispielsweise als sie 1980 Stripperinnen im Pariser Vergnügungsviertel Pigalle in Szene setzte. In die Popkultur schrieb sie sich 1986 ein, als sie das Musikvideo zum europaweiten Nummer-1-Hit „Voyage, Voyage“ inszenierte, das modische Elemente der Zeit mit Themen wie Irrsinn und Begehren koppelte.

Mit dem Thema des Voyeurismus setzte sich Rheims 1992 für den Band „Chambre Close“ auseinander: Dafür schlüpfte sie in die Rolle eines männlichen Amateur-Erotikfotografen (der Text stammt von Serge Bramly) und fotografierte halbnackte junge Frauen in schäbigen Hotelzimmern. Dem Vorwurf der Pornografie, den sie immer wieder zu hören bekam, entgegnete Rheims übrigens gelassen damit, dass man in der „Vogue“ mehr nackte Haut zu sehen bekäme als bei ihr. Nachdem sie zusammen mit der Transsexuellen Kim Harlow 1992 das biografische Buch „Kim“ veröffentlichte (Harlow verstarb noch im selben Jahr an AIDS), wurde es 1995 staatstragend: Rheims schoss das offizielle Foto des neu gewählten französischen Präsidenten Jacques Chirac.

Ein wirklicher Skandal wurde 1999 die aus einer erneuten Zusammenarbeit mit Serge Bramly hervorgegangene, zum ersten Mal im Deutschen Historischen Museum Berlin ausgestellte Serie „I.N.R.I.“. Die Fotografien, die das Leben des Jesus von Nazareth nachstellten, zogen nicht nur den Protest christlicher Kreise auf sich, sondern lösten auch rechtsradikale, antisemi-tische Ausschreitungen gegen einige Buchhandlungen, die den Band verkauften, aus.

Rheims’ Werk passt geradezu ideal zum Verlag Taschen, dessen prächtig aufgemachte Bildbände seit jeher gerne Kunst, Popkultur und explizite Erotik in Einklang bringen. War der umfangreiche Querschnitt durch das Schaffen der Künstlerin bisher nur als hochpreisige limitierte Edition erhältlich, können nun auch Normalsterbliche das Buch als Standardausgabe erwerben. Der schlicht „Bettina Rheims“ betitelte Band versammelt dabei von der Künstlerin selbst ausgewählte Fotografien quer durch ihr Schaffen und macht die enorme künstlerische Bandbreite der Meisterin greifbar: Porträts von unbekannten, auf der Straße gecasteten Frauen stehen internationalen Berühmtheiten wie Kate Moss, Madonna, Sophie Marceau, Naomi Campbell oder Charlotte Rampling gegenüber – nicht selten wirken die Unbekannten dabei mindestens so glamourös und erotisch wie die Stars. Doch auch Seelenzustände wie Verletzlichkeit und Verlorenheit versteht Rheims gekonnt ins Bild zu rücken. Arbeitsjournale und private Erinnerungsfotografien erlauben zudem einen Blick auf die Arbeitsweise der Künstlerin, während zahlreiche unveröffentlichte Aufnahmen für einen frischen Blick auf das Gesamtwerk sorgen.

Bettina Rheims

Taschen 2016

Herausgeber: Bettina Rheims, Patrick Remy

Hardcover, 27,9 x 35,7 cm, 598 Seiten

Neuausgabe EUR 59,99 

Retrospective Bettina Rheims 

15. April 2016 – 12. Juni 2016

Fotografiska Museet

Stockholm, Schweden 

| FAQ 37 | | Text: Oliver Stangl | Fotos: Press
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