Startseite » Unter Strom

Unter Strom

Text: Oliver Stangl | Fotos: AUDI AG
Audi e-tron Sportback concept, Designsketch © AUDI AG

Obwohl sich jeder große Automobilhersteller mit der Sparte E-Mobilität beschäftigt, ist es doch bislang ein US-Konzern, der als Synonym für das Elektroauto schlechthin gilt: Tesla. Die Firma von Tausendsassa Elon Musk leistet seit dem Jahr 2006 Pionierarbeit und dominiert diesen Markt auch dementsprechend unangefochten. Die teuren Wagen des Unternehmens (2018 soll mit dem Model 3 auch ein preisgünstiger Tesla erscheinen) überzeugten mit hoher Beschleunigung und demonstrierten, dass E-Autos ebenso sexy wie hochklassig sein können. Dass allerdings bald ernsthafte Konkurrenz aus Deutschland kommen könnte, sollte dagegen nicht überraschen, lieben die Deutschen ihre Autos doch mindestens ebenso wie die Amerikaner. Zudem haben unsere Nachbarn auch einen Ruf zu verteidigen: Innovation, Ingenieurskunst und Qualität gehören zu den Attributen, die das Label „Made in Germany“ in aller Welt auszeichnen.

Klar, auch Mercedes und BMW arbeiten daran, doch besonders verheißungsvoll erscheinen momentan die Pläne von Audi: Der zum Volkswagen-Konzern gehörende Ingolstädter Automobilhersteller fügt seiner e-tron-Reihe, unter der sich beispielsweise der leistungsstarke Hybrid Q7 e-tron befindet, erstmals vollektrische Autos hinzu, die auch einen gewissen Lifestyle mitbringen. 2018 bringt Audi den e-tron, den man auf der Website des Herstellers bereits mit einer Anzahlung von 1.000 Euro vorbestellen kann, auf den Markt; der genaue Preis wird nächstes Jahr bekanntgegeben. 2019 folgt schließlich der Audi e-tron Sportback. Die Veröffentlichung von zwei vollelektrischen Wagen ist ein klares Signal, das deutlich machen soll, dass man es ernst meint mit der E-Mobility. Angesichts der Negativ-Schlagzeilen, die Audi in den letzten Monaten bezüglich mutmaßlich illegaler Abgas-Software zuteil wurden (das Unternehmen selbst spricht von einem technischen Fehler), kommen zwei derartige Prestige-Projekte in Sachen Elektromobilität jedenfalls gerade recht.

Aufgeladen

Die Zahlen zum Sport-SUV e-tron (der als Studie noch e-tron quattro hieß, nun aber ohne diesen Zusatz veröffentlicht wird) klingen eindrucksvoll: In 4,6 Sekunden von null auf hundert, 500 PS, 800 Newtonmeter Drehmoment. Der e-tron nutzt die Kraft von drei Elektromotoren, wobei eine E-Maschine die Vorderachse antreibt und die beiden anderen auf die Hinterachse wirken. Die gemeinsame Leistung der Motoren liegt bei 320 kW, beim Boosten sollen sie sogar kurzzeitig 370 kW erreichen. Die elektrisch begrenzte Spitze des Autos liegt bei 210 km/h. Der e-tron geht also ohne weiteres als Sportwagen durch, was auch im aerodynamischen Design zum Ausdruck kommt: Der Heckspoiler ist ausfahrbar, der Kühlergrill gibt sich imposant und selbstbewusst, nach hinten fällt das Fahrzeug leicht ab.

Auch beim Laden ist das Fahrzeug schnell: Wenn man an einer Super-Power-Ladesäule andockt, soll die Ladezeit mit Gleichstrom nur 50 Minuten betragen. Schließlich will man Tesla noch bei einer anderen Zahl abhängen, nämlich beim Preis: Der e-tron soll weniger kosten als Teslas Model X (zum Vergleich: die Variante Model X 100 D mit einer Reichweite von 565 Kilometern kostet hierzulande 116.000 Euro).

Cool, dabei hell und leicht, wirkt auch das Interieur des Stromers: Das Cockpit verfügt über drei OLED-Displays, wobei die Mittelkonsole zum Fahrer geneigt ist und die Bedienung teilweise über Sprach- und Gestensteuerung erfolgen kann. Die fehlende Kardanwelle, die bei einem elektrisch angetriebenen Fahrzeug ja überflüssig ist, lässt die Mitteltunnelkonsole scheinbar schweben und macht außerdem Platz für zusätzliche Ablagemöglichkeiten und Gadgets. Für den Beifahrer gibt es Details wie Uhrzeit, Wetter oder Musiktitel. Zudem sind Ultraschallsensoren, Laserscanner und Videokameras vorhanden. Apropos Kameras: Statt Rückspiegeln gibt es kleine versenkbare Kameras, deren Bilder auf Screens in den Türen projiziert werden.

Der Faktor autonomes bzw. teilautonomes Fahren wird hier wie bei allen zukünftigen Audi-Modellen eine Rolle spielen: Der e-tron kann pilotiert fahren, wobei seine Radarsensoren mit einer Videokamera, Ultraschall-Sensoren und einem Laserscanner kooperieren, der Daten über bis zu 80 Meter entfernte Objekte liefert. Das zentrale Fahrerassistenzsteuergerät, kurz zFAS, befindet sich im Gepäckraum und wird von Audi als „Superhirn“ bezeichnet. Das zFAS errechnet über seine Sensoren in großer Schnelle ein vollständiges Umgebungsmodell des Autos und leitet die Information an die Systeme für das pilotierte Fahren weiter.

Emotional

Der 2019 erscheinende Sportback, dessen Concept Car überaus positives Feedback erntete, ist wie der e-tron ein SUV, das auch als Coupé funktioniert: Einerseits also ein stabiles und geräumiges Auto, andererseits ein sportlicher Wagen mit flachem Dach und dynamischem Heck. Den Sportback beschreibt Rupert Stadler, Vorstandsvorsitzender der Audi AG, als die „emotionale Coupé-Variante“. Die Zahlen entsprechen im Wesentlichen jenen des e-tron: 503 PS, eine Reichweite von 500 Kilometern und eine Beschleunigung von null auf hundert in 4,5 Sekunden. Für den zusätzlichen Reiz – für die Emotionalität also – sorgt also die Schönheit des Wagens. Neben dem schlank-dynamischen Design gibt es als besonderen Blickfänger einen Kühlergrill, der das bisherige Farbdesign Audis umkehrt: Hier ist der Kühlergrill innen in der Farbe des Wagens lackiert und außen schwarz. Zudem geben sich die vier Ringe, die das Logo des Unternehmens bilden, illuminiert. Ein rundum gelungenes Design, das ebenso sportlich wie hochklassig wirkt. Vorgestellt wurde das Showcar, das nicht zuletzt mit ausgeklügeltem Lichtdesign auftrumpft (wie viel davon in die Serienversion übernommen wird, wird sich weisen), übrigens ganz bewusst auf der Frühjahrsmesse Shanghai, da China den größten Markt für Elektroautos darstellt.

Doch hat ein solches Auto definitiv auch in Europa und den USA Aussichten auf Erfolg. Wenn Audi hält, was die Studien und Ankündigungen versprechen, ist die Zukunft der E-Mobility in Reichweite. Die nächsten beiden Jahre werden es zeigen.

 

| FAQ 43 | | Text: Oliver Stangl | Fotos: AUDI AG
Share