Dass das Fahrrad in den letzten Jahren in vielen Städten einen wahren Siegeszug angetreten hat, liegt an einer Vielzahl von Gründen: Es gilt als hip, es schont die Umwelt, es ist praktisch und ein Lifestyleobjekt. Das Rad, so scheint es, ist nicht nur in seinen teuren Ausformungen am besten Weg zum Statussymbol. Dass es keineswegs übertrieben erscheint, von einer neuen Fahrradkultur zu sprechen, demonstriert der Berliner Gestalten Verlag mit dem Band „VELO City“. Es ist ein hochwertiges, schön aufgemachtes Buch, das einen umfangreichen Blick auf die Veränderungen wirft, die das Fahrrad in den letzten Jahren in den Städten dieser Welt bewirkt hat und das zudem jede Menge Modelle – von E bis Cargo, von stilvoll bis skurril – vorstellt. Jemand, der eine ganze Menge über Fahrradkultur weiß, ist der Kunsthistoriker Erik Spiekermann, der abwechselnd in Berlin, London und San Francisco lebt und unzählige Fahrräder sein Eigen nennt. Im Vorwort stellt Spiekermann kurz, bündig und pragmatisch fest, was die Stärke seines bevorzugten Fortbewegungsmittels ausmacht: „Bicycles are being recognized for what they always have been: the most efficient way to get around our cities.“
Easy Riders
Gleich zu Beginn wirft das Buch einen Blick auf eine der radfahrerfreundlichsten Städte der Welt: Kopenhagen. Im dortigen Ballungsraum, so lässt uns ein mit Zahlen und Statistiken unterlegter Beitrag wissen, werden 41 Prozent aller Fahrten zur Schule mit dem Rad absolviert. Das Auto stinkt in der dänischen Hauptstadt im Wortsinn ab und kommt auf nur noch 14 Prozent. 2016 machte Kopenhagen international Schlagzeilen, als die Zahl der Fahrräder, die sich in der Stadt bewegte, die der Autos übertraf. Möglich war dies durch das große, auch pekuniäre Engagement der Politik, die 268 Millionen Euro in Fahrrad-Infrastruktur investierte.
Laut Experten sind es besonders die E-Bikes, die dem Auto zusetzen werden; dass die Zukunft des Fahrradfahrens elektrisch ist, zeigt ein umfangreicher Beitrag, der besonders schöne und innovative Modelle vorstellt. Ein überaus kraftvolles E-Bike kommt etwa von der niederländischen Firma Trefecta. Diese Bikes ziehen mit außergewöhnlichem Design, das an Motorräder erinnert, die Blicke auf sich, überzeugen aber auch mit technischen Details. So verfügen die robusten Räder, die schwieriges Gelände mühelos meistern, beispielsweise über ein Display auf der Lenkstange, einen Hybridantrieb und ein Energierückgewinnungssystem. Das Aluminium, aus dem der Rahmen gefertigt ist, wird auch in der Raumfahrt eingesetzt. Spitzengeschwindigkeit: 70 km/h.
Ebenfalls stark sind die E-Bikes des 2016 gegründeten britischen Herstellers Lavelle: Der Unisex-Rahmen ist sehr leicht, die integrierte 500-Watt-Batterie reicht für eine Strecke von 100 Kilometern und die Spitzengeschwindigkeit beträgt 45 km/h. Zusätzlich gibt es ein Anti-Diebstahls-GPS, das direkt mit der Cloud verbunden ist.
Mit solchen Rädern kann man bei Staulage jede Menge Autos hinter sich lassen. In London beispielsweise kommen Autos während der Rush Hour auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von durchschnittlich nur 25 km/h. Eine weitere Zunahme von E-Bikes könnte die Luftqualität in Großstädten deutlich verbessern, zudem würde sich eine Abnahme akustischer Umweltverschmutzung ergeben. Dabei brauchte das E-Bike eigentlich ziemlich lange, um Popularität zu erreichen – bereits in den neunziger Jahren stellte der japanische Konzern Yamaha solche Räder her – doch es scheint, als sei es gekommen, um zu bleiben …
Vollständiger Artikel in der Printausgabe.
VELO CITY.
Bicycle Culture and City Life.
Hardcover. Englische Ausgabe.
Gestalten Verlag, Berlin 2018.
256 Seiten, € 41,40