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Wohin geht die Reise, Herr Verleger?

Text: Carola Leitner | Fotos: Magdalena Blaszczuk

Herr Bitsche, Sie sitzen hier mit einem Buch, einer Zeitung und einem iPad …

Ja, die verlegerische Grundversorgung. Eine Zeitung für den täglichen Informationsbedarf, ein gutes Buch, das optisch sowie inhaltlich überzeugend ist und viel Vergnügen bereitet, wie z. B. „Das Maskenspiel der Genien“ von Fritz von Herzmanovsky-Orlando und das iPad, da man als Verleger auch unterwegs bestens erreichbar sein muss. Alle drei sind typisch für meinen Alltag.

Wie wichtig ist es online präsent zu sein?

Wir waren im gesamten deutschsprachigen Raum einer der ersten Verlage, die Facebook genutzt haben und auch lange Zeit mit den meisten Fans topgereiht. Für mich war es der spielerische Versuch, eine neue Form der LeserKommunikation zu finden, diese findet heutzutage teils in anderen Formen statt, wir erreichen die Leser in anderer Weise. Facebook hat eine ähnliche Qualität wie Mundpropaganda und schafft eine Gemeinschaft, in der sich Gleichgesinnte finden. Heute z. B. gab es einen Eintrag, der nicht alltäglich ist, ein Fan hat explizit die Seite, die Übersichtlichkeit und den Verlag insgesamt gelobt!

Derartiges hat sich früher wohl durch Leserbriefe manifestiert …

Ja, das ist sicher so, vor allem mit Beschwerdebriefen, mit Lob wird meistens gespart. Aber auch die negative Kritik ist wichtig. Ich halte das für ein wichtiges Feedback die eigene Arbeit betreffend. Mich hat auch gewundert, wie aufmerksam die Fans sind. Ein Mitglied der Nilpferd- Seite [Kinderbuch-Programm des Residenz Verlages] hat in Bezug auf eine Verlosung nachgefragt, bei dem die Auflösung fehlte. Da musste ich nachschauen und feststellen, dass wir da säumig waren.

Bitte beschreiben Sie Ihren Werdegang!

Ausgangspunkt war meine große Lesebegeisterung. Um den nötigen Nachschub zu sichern, war die Ausbildung zum Buchhändler genau das Richtige. Ich habe mich in dem Beruf sehr wohlgefühlt. Bis ich die kleine Welt in Vorarlberg gegen die große Welt in Wien getauscht habe, das hat sich als folgenschwer herausgestellt. Denn das neu hinzugekommene Wissen, rund um das Büchermachen und Verkaufen, hat mir den Rückzug in die kleine Welt verstellt.

Heißt das, dass irgendwann die kleine Buchhandelswelt nicht mehr gereicht hat?

Nein, eigentlich nicht, da hat der Zufall eine große Rolle gespielt. Der Gedanke, in einem Verlag zu arbeiten, spukt in vielen Buchhändlerhinterköpfen herum. Ich kann mich gut daran erinnern, dass der Residenz Verlag zu meiner Lehrzeit gerade seinen Höhenflug hatte. Dieser Verlag war unerreichbar weit oben. Hier der Buchladen in Dornbirn und dort der Olymp – sprich: Residenz. Das hat sich relativiert, wie ich im Olymp angekommen bin. (Lacht.) Damals habe ich in einer Buchhandlung in Wien gearbeitet, als eines Tages die Anfrage aus Salzburg kam, ob ich dort im Vertrieb arbeiten wolle. Der Wechsel, den ich als Selbstversuch bezeichne, war recht ernüchternd. Die ersten paar Jahre in dieser neuen Welt waren nicht unproblematisch. Eine größere und lustvollere Perspektive in Bezug auf das Büchermachen eröffnete sich mir im Haffmans Verlag in Zürich. Dort hat man um die Leser gekämpft, in Salzburg um die Subventionen.

Nach Haffmans kam dann in direkter Folge der NP Buchverlag in St. Pölten – wie kann man Zürich gegen St. Pölten tauschen?

(Lacht.) Dem damaligen Geschäftsführer ist es jedenfalls gelungen, mich zu überzeugen, und weder er noch ich haben diese Entscheidung je bereut. Vom Vertriebsleiter zum Verlagsleiter aufzusteigen war eine große Chance. Der NP-Buchverlag war ein wenig profilierter Verlag, der hauptsächlich Sachbücher im Programm hatte und stark regional geprägt war. Mein Bestreben war, das nüchterne Image anzuheben. Dazu haben wir ein Kinderbuchpro- gramm gestartet, das Nilpferd, das sich glücklicherweise zu einem sehr lebendigen und eigenständigen Segment entwickelt hat.

Kurz zuvor haben Sie erwähnt, dass der Residenz Verlag aus buchhändle- rischer Sicht den Olymp dargestellt hat.

Das Olympische hat sich relativiert, als ich in Salzburg als Vertriebsassistent tätig war. Das war zu einer Zeit, wo bereits strukturelle Probleme des Verlages offensichtlich waren. Zürich war dann eine Befreiung. Ich habe in meinen Anfangsjahren bei Residenz viel gelernt und konnte dies in Zürich anwenden. Es war eine sehr spannende Lehrzeit. Das Versäumnis des Residenz Verlages war in den 70er und 80er-Jahren, das Potenzial, DIE literarische Institution des Landes zu sein, nicht voll auszuschöpfen. Der Verlag hat die Führungsrolle abgegeben. Man muss dazusagen, dass auch der damalige Eigentümer (Österreichischer Bundesverlag) nicht die allerbesten Voraussetzungen dafür geboten hat. Es ist ein Treppenwitz der Verlagsgeschichte, dass man den Deuticke Verlag als zweites literarische Standbein im Konzern aufgepäppelt hat, nur um den arroganten Salzburgern zu zeigen, wie ein Literaturverlag funktionieren kann. Bei Deuticke sind Autoren untergekommen, die bei Residenz keiner haben wollte. Heute zählen einige davon zu den Stars der österreichischen Literaturszene.

NP hat sich unter Ihrer Führung sowie des guten Kinderbuchprogramms wegens einen guten Ruf erarbeitet. Sie waren sechs Jahre NP-Verleger, 2004 kam der Residenz Verlag hinzu.

Das war eine spannende Situation. Ich habe gemerkt, dass die Neupositionierung des NP Buchverlags gelungen ist, und habe nach neuen Aufgaben gesucht. Ich habe gemerkt, ich trau mir mehr zu und das Pressehaus hat die Expansion des Verlags unterstützt. Die Gelegenheit, den Residenz Verlag nach der Umklammerung der Staatsholding zu übernehmen, war günstig. Wir hatten zwar eine Außenseiterposition, konnten aber die damaligen Inhaber (Ernst Klett Verlag) überzeugen, dass in St. Pölten Leute mit Herz und Verstand den Verlag erwerben wollten, und haben den Zuschlag erhalten. Wir hatten nun einen klingenden und sehr bekannten Namen auf der einen und einen potenten und gut funktionierenden Sach- und Kinderbuchverlag auf der anderen Seite. Es hat nicht lang gedauert, bis erste Überlegungen aufgetaucht sind, die beiden Marken zu vereinen. Der Wunsch, dass wir in der Öffentlichkeit stärker und geschlossener auftreten wollten, entstand im Verlagsteam. Ein Jahr nach dem Kauf wurde beschlossen, die drei Programme unter dem Namen Residenz Verlag zu führen.

Sie erwähnten den Begriff der Umklammerung: In der Öffentlichkeit so- wie im Feuilleton war es der katholische Hintergrund, durch den man eine neue Umklammerung zu erkennen glaubte …

Ich verstand zwar die Ängste, jedoch waren sie teilweise sehr reflexartig. Es gab in den Medien und bei den Autoren vielfach die Sorge, dass der katholische Eigentümer hier programmatische Vorgaben machen würde. Hätte man nachgefragt und sich die Leute im Verlag näher angesehen, wären die Zweifel ausgeräumt worden. Ich glaube, es ist mir auch gelungen, einige der wichtigen Autoren, wie Peter Henisch, zu überzeugen, dass wir in einer vertrauenswürdigen und offenen Atmosphäre unser Programm machen. Im Verlag hatten wir diese Sorge nicht, da ich zuvor mit dem NP-Buchverlag in der Programmgestaltung viele Freiheiten durch die Eigentümer genossen habe.

Kamen die Anfeindungen, denen der neu übernommene Verlag ausgesetzt war, überraschend?

Ja, vielleicht auch, weil wir relativ unerfahren im Umgang mit manchen Medien waren. Plötzlich stand der Verlag in der Auslage, wir hatten mit Medien zu tun, die den NP Buchverlag kaum kannten. Das Feuilleton hat sehr sensibel auf diese Veränderungen reagiert. Hinzu kam, dass die Verunsicherung, die über die Medien transportiert wurde, schlussendlich auch auf die Autoren übergegriffen hat. Das war eine schwierige und kritische Situation. Wir haben sicher auch genügend Angriffsfläche geboten. Plötzlich wurden Gesundheitsthemen und Zeitgeschichtethemen unter dem Namen Residenz veröffentlicht, diese Verbreiterung des Programms war der Nachhaltigkeit des Unternehmens geschuldet. Die Hauptaktivitäten nach St. Pölten zu verlagern, bot oberflächlich besehen eine Basis für den aufkeimenden Unmut. Da ging es dann kurzfristig um Schadensbegrenzung. Das Vertrauen musste erhalten oder wieder zurückgewonnen werden. In den Unterlagen des Verlages habe ich ein Strategiepapier von Jochen Jung gefunden. Er hatte ein Konzept für die Eigentümer entwickelt, wie man das Programm erweitern müsste, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Darin war angedacht, Zeitgeschichte aufzunehmen, die Regionalia zu verstär- ken, Lifestyle-Bücher zu machen …

Das klingt nach dem Konzept, das der neu übernommene Residenz Verlag seit geraumer Zeit verfolgt?

Ja, es waren vernünftige Ansätze. Ich hatte später einmal das Vergnügen, Jochen Jung darauf anzusprechen. Er hat mir damals gesagt, dass er das Konzeptpapier nur gemacht habe, um die Eigentümer zu beruhigen. Er hätte es nie umgesetzt.

Sie meinten vorhin, das Feuilleton habe sensibel reagiert …In Österreich steht der Residenz Verlag im öffentlichen Interesse, in Deutschland ist es der Suhrkamp Verlag, der nichts tun kann, ohne kritisch beäugt und kommentiert zu werden.

Ja, das hat mit dem Nimbus des Verlages und seiner Hoch- Zeit in den 70er und 80er-Jahren zu tun. Residenz ist zu einem nationalen Mythos geworden. Das habe ich mir damals, als ich die Verantwortung für den Verlag übernommen habe, öfters gedacht. Mythen funktionieren nicht nach logischen Kriterien und sind emotional stark aufgeladen. Man kann das Richtige tun und trotzdem Schelte beziehen. Ich habe damals zwei unterschiedliche Erfahrungen gemacht. Mit dem Kinderbuchprogramm wurden wir von Anfang an von den Medien unterstützt, die Initiative und das Programm wurden gelobt, wir haben viele Preise gewonnen … als wir dann ein paar Jahre später den Residenz Verlag – man muss fast sagen – wiederbelebt haben, wurden wir dafür gescholten. Ich habe einmal versucht mir vorzustellen, wie die Reaktionen ausgefallen wären, wenn wir unter dem Namen NP Buchverlag ein Literaturprogramm mit Autoren wie Peter Henisch, Evelyn Grill oder Michael Stavaric gestartet hätten. Ich bin mir fast sicher, dass wir viel Zuspruch erhalten hätten und für unseren Mut gelobt worden wären. Dass wir selbiges unter dem Namen Residenz gestartet haben, kam nicht so gut an. Es gab immer ein „Ja, aber …“ Die Bezugsgröße hat nicht gestimmt. Wir waren nicht mehr der Verlag von Handke und Bernhard, nur, das war der Verlag bereits in den 90er-Jahren nicht mehr.

Hat sich das jetzt auf ein vernünftiges Maß reduziert?

Ja, in der Folge haben sich einige Journalisten auch ausdrücklich entschuldigt. Einer meinte mir gegenüber: „Ich hab euch damals hart angegriffen und hatte meine Befürchtungen. Rückblickend gesehen habt ihr eine gute Arbeit geleistet und ich bin froh, dass meine Befürchtungen nicht eingetreten sind.“ Solche Aussagen und späte Aner-kennung gab es auch!

Es wäre schön gewesen, dieses Lob auch zu lesen und nicht nur im Vier- Augen-Gespräch zu erfahren …

Das Verhältnis mit den Medien ist mittlerweile sehr gut und konstruktiv. Wir werden gelobt, zwar nicht als Verlag, aber die Bücher und die Autoren, die wir veröffentlichen, und das ist das Entscheidende!

Ein typisches österreichisches Verlagsproblem ist das Abwandern erfolgreicher (junger) Autoren. Ist das ein Problem, das man einkalkuliert?

Dieses Problem haben alle österreichischen Verlage, Residenz betrifft das besonders stark, hier sind wir Opfer unseres Erfolges. Der Residenz Verlag ist ein Verlag, der in Deutschland aufmerksam beobachtet wird. Mit Clemens Setz, der auf der Shortlist zum Deutschen Buchpreis war, standen wir im Fokus. Bei Clemens haben große Verlage sehr früh angeklopft, er hat auch lange den Verführungsversuchen widerstanden, aber letztendlich ist er schwach geworden. Das ist natürlich eine bittere Erfahrung, aber auch eine bittere Entwicklung für die österreichische Verlagsszene. Viele österreichische Autoren glauben, dass deutsche Verlage sie besser verkaufen. Das wird auch in einigen Fällen zutreffen. Ich behaupte aber auch, dass die meisten österreichischen Autoren trotzdem in Österreich mehr gelesen, gekauft und rezipiert werden. Elfriede Jelinek oder Gerhard Roth werden fast ausschließlich in Österreich gelesen, obwohl sie immer in deutschen Verlagen veröffentlicht wurden. Michael Köhlmeier und Robert Menasse besetzen regelmäßig die Top-Plätze der österreichischen Bestsellerlisten, aber auf den deutschen Listen findet man sie kaum. Ihre größte Leserschaft ist in Österreich und ich behaupte, dass wir diese ebenfalls erreichen würden. Umgekehrt haben wir übrigens drei Viertel der Walter-Kappacher-Leser in Deutschland gefunden.

… das kann gut sein, nur dazu sind vielleicht nur der Residenz Verlag und die Verlage Zsolnay/Deuticke, mit dem Background Hanser, in der Lage …

Zsolnay und Deuticke sind für mich keine österreichischen Verlage mehr, das sind Filialen eines deutschen Unternehmens. Das Problem ist, dass österreichische Verlage ständig zurückgeworfen werden. Hätte ich das Potenzial einen Robert Menasse im Programm zu haben, könnte ich selbstbewusster auftreten und wäre von staatlichen Förderungen weniger abhängig. Wir leisten die Aufbauarbeit, können aber die Ernte nicht einbringen, und werden so in unserem Wachstum behindert. Der Verlust von Autoren stellt ein Problem dar. Junge Autoren aufzubauen, ist eine ehrenwerte aber auch undankbare und finanziell intensive Aufgabe. Es stellt sich die Frage, ob man sich als Verlag diese Aufbauarbeit überhaupt noch leisten will, wenn die Früchte oftmals ein anderer erntet.

Im Verlagsprogramm gibt es nicht nur österreichische Autoren, sondern auch aus den östlichen Nachbarländern.

Ja, Alek Popov oder Marjana Gaponenko … das war ei- ne Folgewirkung der Neuausrichtung des Verlages. Wir haben analysiert, wo die Stärken des Verlages gesucht werden; die Kernkompetenz ist die deutschsprachige bzw. die österreichische Literatur. Daneben gab es immer auch Übersetzungen. Aber die Internationalisierung in alle Richtungen erschien mir weder logisch noch konsequent. Die deutschen Verlage schielen alle gen Westen und überbieten sich mit Vorschüssen, die schon fast ob- szön zu nennen sind. Uns schien es aber ratsamer und spannender in den Osten zu blicken. In der schlichten Überzeugung, dass man in Osteuropa ebenso gut schreibt wie im Westen.

Gibt es nicht genug österreichische Jungautoren, die über ausreichend Potenzial verfügen?

Es gibt zum Glück in Österreich sehr viele talentierte junge Autoren. Aber es braucht viel Kraft und Energie, um einen neuen Autor im Buchmarkt zu etablieren. Erstveröffentlichungen sind eine Investition in die Zukunft, nur was, wenn die Zukunft abwandert?

Sind Debüts in der Branche gerade en vogue?

Als Modeerscheinung würde ich sie nicht bezeichnen, es ist eher ein Selbstverständnis. Das sollte die Leidenschaft eines Verlages sein. Es ist toll, wenn es funktioniert wie bei Clemens Setz, der jetzt ganz vorne steht, da hat man schon auch Entdeckerstolz!

Gibt es unter den Verlegern die Angst, dass Autoren den Alleingang wählen?

Die prozentuelle Beteiligung würde bei Amazon anders ausschauen. Ich will nicht ausschließen, dass diese Entwicklung einsetzt, es gibt auch Anzeichen, die dafür sprechen. Das Modell von Amazon verkennt allerdings die vielfältigen Leistungen eines Verlages. Ein Verlag bringt nicht nur ein Buch auf den Markt, er begleitet auch den Autor, er positioniert ihn in den Medien usw. Verlage agieren wie eine Agentur, die den Autor und sein Buch managt. Zu glauben, dass Amazon aus Großzügigkeit den Autoren ein neues Erfolgskonzept vorlegt, wäre naiv.

Aber mit dieser Naivität wird gearbeitet?

Amazon wird die Möglichkeit bieten, Bücher zu publizieren, aber Pressearbeit, oder Arbeit am Text wird es nicht geben können. Die gebotene Leistung wird sein, dass der Titel auf Amazon zu bestellen ist. Den ganzen Rest, von Lektorat über Umbruch bis hin zu Pressearbeit und der Organisation von Lesereisen müssen sich die Autoren dann selber leisten. Ich hoffe, die finden dann auch noch Zeit zum Schreiben!

Ihre Ausführungen hören sich an wie ein Plädoyer für die Verlagsarbeit!

Was könnte ich auch anderes sagen, das ist meine Existenzberechtigung, meine Lebenseinstellung! Es gibt ein großes Unverständnis darüber, die Verlagsleistungen betreffend. Manche glauben gar, die Verleger seien die Verhinderer von Literatur. Jedes Manuskript, das in einem Verlag als Buch erscheint, durchläuft viele Qualitätsfilter, die wichtig sind. Die Arbeitsschritte, die geleistet werden, sind in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannt. Einmal habe ich von einer Debütantin ein E-Mail erhalten, in der sie sich explizit für ihr Buch und die vielseitige Unterstützung, die sie von allen Mitarbeitern des Verlags erhalten hat, bedankt. So etwas passiert nicht jeden Tag!

Sie haben offensichtlich großen Spaß an Ihrer verlegerischen Tätigkeit, verlassen aber dennoch den Verlag – wie ist es um die Nachfolge bestellt?

Ich freue mich sehr, dass sich zwei Mitarbeiterinnen im Verlag gefunden haben, die die Verantwortung in Zukunft übernehmen wollen. Claudia Romeder wird das Programm verantworten und Roswitha Wonka die kaufmännischen Agenden leiten. Mitarbeiter, die sich was trauen und sich auch was zutrauen, haben meine größte Wertschätzung. Und es erleichtert mir den Abschied, weil ich weiß, dass der Verlag in guten Händen ist.

Der Weggang vom Verlag hatte persönliche Gründe, was kann man sich da vorstellen?

Auch geschäftliche Dinge sind etwas Persönliches. Meine Rolle als Privatmann ist von der des Verlegers kaum zu trennen. Ich habe versucht, Residenz wieder zu einem führenden Verlagsunternehmen in Österreich zu machen – und ich glaube, es ist gelungen. Irgendwann kommt der Punkt, wo man sagen kann, es ist gut, es ist etwas erreicht, jetzt sollen andere eine Chance bekommen. Ich habe die Sehnsucht etwas anderes zu tun.

Werden Sie der Branche untreu?

Nein, dann würde ich mir ja selber untreu werden!

Wo wird Ihre Reise hingehen?

Vor zwei Monaten stand ich an einer Weggabelung. Welchen Weg sollte ich nehmen? Der eine Weg war mir mehr oder weniger samt seinen Aufgaben und Problemen vertraut. Der andere Weg versprach einerseits größere Unwägbarkeiten, aber vielleicht auch das große Glück … Ich habe mich für den anderen Weg entschieden. Und auch das Vehikel mit dem ich diesen Weg gehe, ist noch völlig unklar. Auf jeden Fall mit einem guten Buch.

Gibt es Wünsche an die Zukunft?

Dass sich die Erde weiter drehen möge und die Menschen darauf lesen wollen. Damit hätten wir eine gute Perspektive.

| FAQ 10 | | Text: Carola Leitner | Fotos: Magdalena Blaszczuk
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