Einseitigkeit ist die Sache der 1965 in den Abruzzen zur Welt gekommenen Floria Sigismondi nicht. Die Italo-Kanadierin ist nicht nur als Filmregisseurin tätig, sondern auch als Drehbuchautorin, Fotografin und Musikvideoregisseurin. Eine Konstante in ihrem Schaffen ist dabei der enge Bezug zu Gegenwartsmusik, sprich Pop. Auch in ihrem bekanntesten Spielfilm, The Runaways (2010), nahm sie sich dieses Themas an: In der von der Kritik positiv aufgenommenen Rock-Biografie glänzten Kristen Stewart und Dakota Fanning als Frontfrauen der legendären titelgebenden Band. Was die Genres betrifft, scheint Sigismondi keinerlei Berührungsängste zu kennen, ihre Musikvideos setzten Vertreter von Bubblegum-Pop wie Justin Timberlake ebenso in Szene wie den düsteren Songwriter Leonard Cohen oder das Chamäleon David Bowie. Viele der Videos machten es dem Betrachter jedoch nicht immer leicht und sorgten mancherorts für Verstörung. So stellte sie für das Muse-Video „Supermassive Black Hole“ einen ihrer Träume nach, in dem maskierte Tänzer in Bodysuits in einem düsteren verspiegelten Raum zugange waren. Und im Video zur Incubus-Single „Megalomaniac“ setzte sie Filmmaterial, das die Diktatoren Hitler, Mussolini und Stalin zeigt, als provokante Kritik an den USA des Jahres 2003 ein.
Die Künstlerin selbst beschrieb den Kosmos, den sie in diesen Genres kreierte, als „entropische Unterwelt, die von gequälten Seelen und allmächtigen Wesen bewohnt wird.“ Dazu scheint auch ihr neuer, von Steven Spielberg produzierter Horrorfilm The Turning zu passen, der 2020 ins Kino kommt: Nach der Novelle von Henry James erzählt Sigismondi die Geschichte eines Kindermädchens, das anhand zweier Waisenkinder und des düsteren Hauses, in dem diese leben, auf übernatürliche Phänomene stößt …
Vollständiger Artikel in der Printausgabe
Floria Sigismondi
Eat the Sun
gestalten, Berlin 2019
Hardcover, 192 Seiten
€ 39,90