Es mag überraschend klingen, aber im afrikanischen Ghana bilden Frauen die Mehrheit, wenn es um selbstständiges Business geht. Vor allem die kleinen Verkaufsstände, die die Straßen pflastern, sind fest in Frauenhand. Frauen verkaufen Essen, reinigen Häuser, reparieren Kleidung und sind überall, wo man richtig zupacken muss. Was nach einem rosigen Matriarchat klingen mag, ist alles andere als das. Es ist nämlich dieser Arbeitssektor, der die meisten Gefahren birgt: Unterbezahlung, unsichere Arbeitsbedingungen, ausbeuterische Beziehungen zu den Abnehmern. Hinzu kommt noch, dass es Frauen ihres Geschlechts wegen schwerer gemacht wird, an Kapital und Wertanlagen zu kommen, was es erschwert, ihr Business auszubauen und weiterzuentwickeln. Ihr erstes Gehalt investieren die meisten Frauen in die Schulausbildung der Kinder. Trotz allem: Ein Unternehmen, das ausschließlich aus Frauen besteht, ist in Afrika eine Seltenheit. Genau das ist beim Modelabel Yevu aber der Fall.
Gründerin Anna Robertson kam im Zuge eines Entwicklungsprogramms für Jugendliche erstmals nach Ghana. Sofort war die Australierin von all den bunten Trachten mit auffälligen Prints begeistert, das Projekt begann sich in ihrem Kopf festzusetzen und wurde Schritt für Schritt Realität. Beim Stöbern durch die Stoffberge des Makola Markts in Accra fielen ihr die sogenannten Kayayo Girls auf. Diese „lebenden Einkaufskörbe“ wie sie spöttisch bezeichnet werden, sind minderjährige Mädchen, die den Einkauf der Markt-Kunden in großen Metallschüsseln auf ihren Köpfen tragen. Die jungen
Mädchen, die zu solch harter Arbeit gezwungen werden, um Geld für das Überleben ihrer Familie zu verdienen, stehen für die Intentionen von Yevu. Nämlich solchen jungen Frauen ein sichereres Umfeld bzw. Müttern die Chance zu geben, durch faire Bezahlung ihre Töchter in die Schule schicken zu können. Vor allem anfangs stieß sie auf große Probleme, organisatorischer, finanzieller und auch sozialer Art. Aber fast fünf Jahre nach der ersten Idee geben Frauen in der Yevu-Fertigung in Accra den Ton an. Sie verdienen das 3,5-fache des durchschnittlichen Grundeinkommens in Ghana, arbeiten in einem sicheren Umfeld und sind flexibel, was vor allem für Alleinerzieherinnen wertvoll ist. Die Designs werden vor Ort in Ghana realisiert und in Annas Heimat Australien und der ganzen Welt vertrieben.
Yevu arbeitet mit afrikanischen Waxprintstoffen, die als Bekleidungsstoffe lange Tradition haben. Die bunten Baumwollstoffe werden mit Hilfe von Wachsschablonen bedruckt, eine Technik, die bis ins 16. Jahrhundert zurückgeht. Für die Augen der australischen Käufer sind die wilden, grafischen Muster auf klaren, einfachen Schnitten aber etwas völlig frisches, modernes und so erfreute sich das Modelabel gleich von Beginn an einer großen Fangemeinde. YEVU mag zwar nur ein kleiner Tropfen im großen Mode-Ozean sein, ist aber ein wichtiges Vorzeigemodell, wie Fairness im Bekleidungssektor funktionieren kann.
Photographer – Desire Clarke
Models – Afua Smith, Junior Smith