Glück und Glas, wie leicht bricht das, lautet ein bekanntes Sprichwort. Auf die Erzeugnisse der Wiener Glas-Manufaktur J. & L. Lobmeyr geben die jeweiligen Besitzer allerdings aus gutem Grund besonders acht: Mit Gläsern aus dem Hause Lobmeyr holt man sich nämlich nicht nur erlesene Designerstücke ins Haus, sondern auch ein großes Stück Tradition. Die 1823 von Josef Lobmeyr gegründete Firma, bis heute im Familienbesitz, hatte von Anfang an einen guten Ruf, doch der Ruhm der Glaswaren wuchs mit jedem Jahrzehnt – zur Kundschaft gehörten bald die allerhöchsten Gesellschaftskreise: So wurde beispielsweise Anfang des 20. Jahrhunderts ein Service für Thronfolger Franz Ferdinand hergestellt. Nach zwei überstandenen Weltkriegen konnte das Unternehmen sein Portfolio um weitere prominente Kunden erweitern; der Name Lobmeyr wurde auch international stetig bekannter: So wurden etwa Kristallluster für die Wiener Staatsoper, das Theater in Luxemburg oder den Kreml produziert. 1963 entstand durch Hans-Harald Rath für die Metropolitan Opera in New York der wohl bekannteste Lusterentwurf des 20. Jahrhunderts: der sogenannte Met-Luster.
Immer wieder suchte das traditionelle Familienunternehmen gezielt die Zusammenarbeit mit Architekten, Künstlern und Desigern, darunter Adolf Loos, Josef Hoffmann oder Oswald Haerdtl. Die Palette des mittlerweile in sechster Generation – unter der Führung von Andreas, Johannes und Leonid Rath – fortbestehenden Unternehmens ist breit, doch gibt es im Sortiment ganz besondere Klassiker: So wie beispielsweise Chanel N°5 hat, so hat Lobmeyr sein Trinkservice No. 267. Das Original wurde 1952 von Hans Harald Rath mit dem Namen „Alpha“, entworfen. Als Inspiration diente ein barocker, von islamischer Formensprache inspirierter Kupferbecher, dessen ebenso ästhetische wie gespannte Form ausgezeichnet in der Hand liegt. Das Material besteht aus hauchdünnem Musselin-Kristallglas – besonders filigran und erstaunlich robust – das mundgeblasen und von Hand geschliffen ist. Im Sinne der fünfziger Jahre sind die Becher zudem stapelbar. Dem Service wurden dabei immer wieder neue künstlerische Interpretationen und Weiterentwicklungen zuteil.
Nun also zur aktuellen Interpration von No. 267: 2020 von Louise Rath entworfen, trägt diese Version den Beinamen „High Seas“, der vom durch die UN ausgerufenen Jahrzehnt der Ozeane inspiriert wurde. Als Personifizierung der Weltmeere dienen Meerjungfrauen, doch auch Motive wie Giftmüll, eine Bohrinsel, der Mensch und ein Anker – das Symbol der Hoffnung – finden sich auf den Gläsern. Somit wird einerseits die Schönheit dieses gewaltigen, geheimnisvollen Organismus gefeiert, aber auch mit kritischem Blick auf dessen Bedrohung durch den Menschen hingewiesen. Jede der sechs Farben der Alpha Serie hat ein abgestimmtes handgemaltes Motiv erhalten, für den Krug wählte man überaus passend einen Blauton. Ein zeit-loses Trinkervice, das durchaus „Lust auf Meer“ macht.
„Das ganze Meer ändert sich, wenn ein Stein hineingeworfen wird“, schrieb Pascal. „Lassen wir das Meer nicht auf uns sauer werden“, sagt Designerin Louise Rath.