Ruhig ging es im Leben von Yaya Bey noch selten zu. Ihr Vater war Ayub Bey, besser bekannt als Grand Daddy I.U. des New Yorker Hip-Hop-Kollektivs The Juice Crew. Im zarten Alter von neun begann sie für Songs der Juice Crew, die sie nicht verstand, Melodien zu schreiben. Sie nahm die Aufgabe ernst, denn schon damals wusste sie, dass es das war, was sie wollte. Im letzten Jahrzehnt zog sie von ihrer Heimat New York nach Washington, DC. Da ihr Vater in ihr zwar eine gute Autorin sah, aber darauf beharrte, dass sie keine Sängerin sei, versuchte sie in Zusammenarbeit mit dem Produzenten Chucky Thompson, der immerhin schon Arbeiten mit Mary J. Blige oder The Notorious B.I.G aufzuweisen hatte, ihre Songs bei anderen Vokalisten unterzubringen, doch das Unternehmen scheiterte grandios. Yaya Bey hatte allerdings viel gelernt und wusste jetzt, dass sie das Zeug hatte, selbst Musik zu machen; der Rat des Vaters war Geschwätz von gestern. Der Weg zur eigenen Stimme sollte aber noch dauern. Sie nahm noch in Washington ein paar Soloplatten auf, und nach dem Ende einer Beziehung hatte sie eine Idee, wohin ihr Weg gehen konnte. Sie zog zurück nach New York, arbeitete 13 Stunden am Tag in ihrem Brotjob, ging nach Hause, machte für fünf Stunden Musik und schlief ein paar Stunden. Sie war überarbeitet und müde, aber die Musik gab ihr Hoffnung und sie hatte endlich das gefunden, was sie immer gesucht hatte: die eigene Stimme.
„Remember Your North Star“ war dann vor zwei Jahren der Durchbruch. Pitchfork entdeckte das Album, verpasste ihr das Prädikat „Indie Soul“ und machte damit auch die weißen Publikumsschichten neugierig. Die anschließende Europatour brachte der eigentlich recht scheuen Yaya Bey nicht nur gute Kritiken, sondern auch die Anerkennung, auf die sie schon so lange wartete. Während dieser Tour starb ihr Vater – ein Einschnitt, der sie zum Familienoberhaupt machte. Die Kosten des Begräbnisses stemmte sie, die ursprünglich geplante Auszeit war damit gestrichen. Sie machte weiter und entdeckte eine neue Kraft, die die Arbeit erleichterte. Plötzlich wusste sie, welcher Mensch sie sein wollte.
Auf dem gerade erschienenen neuen Album „Ten Fold“ wandelt sie souverän zwischen reduziertem RnB, Hip-Hop und Reggae und umgeht die Gefahr der Ausschweifung immer. Die Songs sind kompakt und ein einziges Dokument der Selbstermächtigung und des Selbstbewusstseins. Wer sich mit ihr anlegt, der muss gehen. Mit welcher Zärtlichkeit sie das in einem Song wie „Chasing The Bus“ umsetzt, ist dann wirklich meisterlich. Der Weg aus dem Schatten hin zur eigenständigen Künstlerin war steinig, aber ein Gewinn für alle Seiten.
Yaya Bey: Ten Fold (Big Dada)