In diesem exklusiven Interview aus Los Angeles spricht Marcus Mumford über sein erstes Solo-Album nach 15 Jahren mit seiner Band, seine Zusammenarbeit mit Produzent Blake Mills, seine Zeit im legendären Studio Sound City, weibliche Gäste und weltberühmte Studiomusiker seiner Wahl. Zudem erzählt der Ehemann der Schauspielerin Carey Mulligan von seinen überaus therapeutischen Liedern, der Misshandlung als Kind, vom Erreichen des eigenen Tiefpunkts, aber auch von seiner Freundschaft zu Joni Mitchell und Steven Spielberg.
Was hat dich dazu gebracht, ein Solo-Album aufzunehmen? War es endlich an der Zeit – nach fünfzehn Jahren mit Mumford & Sons? Hast du einfach eine Veränderung gebraucht, oder waren diese Lieder nicht wirklich für die Band geeignet?
Eher Letzteres. Ich habe mich versprochen, einfach den Liedern zu folgen. Bevor ich anfing zu schreiben, sagte ich mir: „Ich werde einfach losgehen und Lieder schreiben und mich wieder mit meinem inneren Songwriter verbinden.“ Das war ungefähr auf halbem Weg durch die Pandemie. Ich sagte mir, dass ich den Liedern einfach nachgehen würde, wo immer sie mich auch hinführen sollten. Ich wollte wieder auf die Freiheiten eines Songwriters zugreifen können, anstatt immer daran zu denken, ein Bandmitglied zu sein, und dachte, die Songs werden für die Band und hoffentlich gut sein und es schaffen, eine neue Zeit für die Band einzuläuten. Ehrlich gesagt war das meine Erwartung. Aber als ich dann angefangen habe, zu schreiben … Das war schon sechs Monate in einen Prozess hinein, den ich im Sommer 2019 begonnen hatte, wo ich anfing, mir einige Bereiche meines Lebens etwas genauer anzuschauen als zuvor und darüber zu schreiben. Sobald ich dann die ersten beiden Songs „Cannibal“ und „Grace“ geschrieben hatte, schickte ich sie dem Rest der Band und sagte: „Leute, schaut einfach mal, was ihr euch denkt. Ich habe euch gesagt, dass ich mich etwas zurückziehen werde, um ein paar Lieder zu schreiben und hier sind sie. Doch ich glaube, das hier wäre vielleicht ein Solo-Projekt. Es ist ziemlich persönlich.“ Daraufhin sagten sie alle: „Ja, es fühlt sich wirklich nach einem Solo-Projekt an.“ Ich weiß nicht, ob sie die Songs einfach nicht mochten. (Lacht.) Aber sie waren wirklich eine große Unterstützung während des gesamten Prozesses, also denke ich, dass es sich für alle einfach wie der richtige Moment dafür anfühlte. Ich war nie darauf bedacht, ein Solo-Album zu machen, es war nie Teil meines Plans. Ich hatte keine Plattenverträge für ein Solo-Album geschlossen. Aber ich habe mich schlussendlich in dieser Situation wiedergefunden, denn ich hatte den Songs gegenüber das Versprechen gemacht, sie weiterzuverfolgen. Ich bin froh, dass ich es getan habe und ich glaube, genau deshalb werde ich in besserer Form zur Band zurückkehren als zuvor. Denn ich hoffe, dass einiges von dem, was ich während dieses Prozesses gelernt habe, für die Band hilfreich sein wird.
“I’m not really of the view that addiction is binary, like you’re either an addict or you’re not.”
Funktionieren diese Lieder deshalb nicht für Mumford & Sons, weil sie nicht die Leichtigkeit und den Spaß suggerieren, die für die Band ausschlaggebend sind? Sind Sie selbst eigentlich das Gegenteil davon?
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, ich muss widersprechen. Ich denke, es gibt auf diesem Album auch Lieder voller Leichtigkeit. „Grace“ ist eigentlich ziemlich lebensfroh, auch „Go In Light“ macht gute Stimmung, „Better Angels“ ebenso. Aber ja, aufgrund der sehr persönlichen Natur der Lieder wäre es wahrscheinlich von zwei anderen Typen viel verlangt, ebenfalls hinter diesen persönlichen Songtexten zu stehen. Es hat sich so einfach richtig angefühlt.
Was hat dich dazu bewogen, etwas so Kathartisches und Therapeutisches wie „Cannibal“ zu schreiben? Und wenn dieser Song von Missbrauch handelt: Warum hast du das die letzten dreißig Jahre für dich behalten?
Das war einfach nur Verleugnung und Verdrängung. Wir sind sehr gut darin, Dinge zu verstecken und zu unterdrücken. Ich denke, es war nicht einmal relevant in meinem Leben, bis mir jemand sehr gezielte Fragen gestellt hat. Dann habe ich begonnen, es zu verarbeiten und dachte sofort: „Oh, wow, das ist ein wirklich großes Thema in meinem Leben. Und es ist direkt verbunden mit vielen Weisen, wie ich mein Leben lebe, mit denen ich nicht wirklich zufrieden bin …
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