Der Ausgangspunkt von „Pictures Seen“, der ersten gemeinsamen Kollektion von Tanja Bradaric und Taro Ohmae, klingt spannend. Die beiden Absolventen der Modeklasse an der Universität für Angewandte Kunst Wien, die ihr Label im Frühjahr 2011 aus der Taufe gehoben haben, thematisieren darin nämlich nicht weniger als ihre eigene Herkunft. Bradaric, geboren in Kroatien, und Ohmae, aufgewachsen in Japan, spielen mit Klischees, Zuschreibungen und Stereotypen ihrer Herkunftsländer. Und die könnten widersprüchlicher nicht sein: Kroatien, das einerseits gemeinhin als Urlaubsland gilt, wird eben auch mit den kriegerischen Auseinandersetzungen in den 90er Jahren assoziiert. Wie sich das in den Entwürfen widerspiegelt? Im ersten Moment erscheint „Pictures Seen“ als ein ebenso zeitgemäßer wie attraktiver Farbmix aus soften Pastelltönen von Türkis bis Apricot sowie punktuell eingesetzen Neonfarben: Zudem betreiben Bradaric und Ohmae ein kunstvolles Spiel mit Sportswearelementen, Tunnelzügen, geknoteten Nylonschnüren und gewebten Versatzstücken. Erst nach genauerem Hinsehen offenbart sich: Die beiden Designer lassen Elemente aus der Armeebekleidung auf Anleihen an den Pareo als Bestandteil klassischer Beachwear treffen. Dazu gesellt sich ein besonderes Interesse für den Yoroi, die traditionelle Rüstung der Samurai in Japan – kein Wunder, dass „Pictures Seen“ so vielschichtig und eigenständig daher kommt. Tanja Bradaric und Taro Ohmae setzen auf Leder, Seide, Baumwolle und ungewöhnliche Kunstfasern, ihre Zusammenarbeit beschreiben sie als echte Teamarbeit – von der Recherche bis zur Umsetzung der Modelle: „Wir treffen alle Entscheidungen zusammen und durchlaufen den gesamten Arbeitsprozess gemeinsam“ erklären die beiden, die vor ihrer Labelgründung praktische Erfahrungen bei Balenciaga und Chloé sammelten. Allerdings konzentrieren sich die beiden in der Umsetzung auf ihre Stärken: Tanja Bradaric kümmert sich um Strick und Lederstücke, Taro Ohmae um gewebte Materialien und Prints. „Bradaric&Ohmae“ sollte man im Auge behalten.