F13 TOP CAT: Diese Bezeichnung markierte im Zürich des Jahres 1993 den Beginn einer beispiellosen Erfolgsstory. Bei der F13 TOP CAT, genauer gesagt der Messenger Bag F13 TOP CAT, handelt es sich eigentlich um eine „ganz normale“, gegen Wind und Wetter schützende Kuriertasche. Eigentlich. Denn dieses Modell sollte ein paar Jahre später als Kultobjekt im New Yorker Museum of Modern Art seinen fixen Platz finden. Kein Zufall, denn die Kreativen, Architekten, Designer, Musiker und DJs, waren die ersten, die die FREITAG-Taschen für sich entdeckten und beanspruchten.
Die Taschen waren robust, steif und hatten die passende Größe für Schallplatten. Aber der Reihe nach: Zwei Brüder, Markus und Daniel Freitag, damals noch junge Studenten, waren es, die die originelle Idee hatten, aus einer ausgemusterten LKW-Plane, ausrangierten Fahrradschläuchen und Autogurten eine ebenso robuste wie regenfeste Tasche zu entwerfen, die außerdem zum Radfahren gut geeignet war.
Und so wurde aus der Studenten-WG die erste Produktionsstätte. Am Anfang kam die Badewanne ins Spiel, dort wurden nämlich die Planen gewaschen. Danach wurden Schnitt-muster am Küchentisch vorbereitet und mit einer Industrienähmaschine zusammengenäht. Die Autogurte dagegen wurden über der Gasflamme des Küchenherds geschnitten. Bekanntermaßen ist eine LKW-Plane steifer als Leder und daher nicht einfach zu handhaben, ganz besonders, wenn es um die Verarbeitung der Ecken geht. Die Erinnerung daran, wie die Nähte anfangs noch nicht perfekt waren und „irgendwie in die Höhe gestanden sind“, bringt die Brüder Freitag heute noch zum Lachen.
Kurz danach wurde die erste Serie in Zürich auf der Hardbrücke, damals eine Hauptverkehrsachse durch die Stadt, vorgestellt und zunächst an Freunde verkauft. Schon sehr bald erkannte man, dass die unzerstörbare Tasche nicht nur chic, sondern auch noch ein recyceltes, nachhaltiges – zu einer Zeit, als Nachhaltigkeit für die meisten noch ein Fremdwort darstellte – Produkt war. Bald landeten die Erzeugnisse in diversen Concept Stores in Europa und auf der ganzen Welt und so wuchs das Zwei-Mann-Unternehmen zu einem Betrieb, der heute 250 Mitarbeiter beschäftigt. Aus den Planen wurden immer buntere, kleinere und größere Taschen in den unterschiedlichsten Designs genäht, dazu kamen mit der Zeit neue Ideen und Projekte. Für eine Weile bot man sogar Kleidung aus einem selbst entwickelten, hundert Prozent kompostierbaren Stoff (F-ABRIC) an.
Doch zurück zu den Taschen: Was die Brüder anfangs in ihrer WG gemacht haben, wird heute in der FREITAG-Fabrik in Zürich-Oerlikon von ihren Mitarbeitern mit transparenten Kunststoffschablonen erledigt. Dort entscheiden Mitarbeiter, welcher Teil der Muster/Plane für welchen Teil der Tasche zugeschnitten wird. In einem nächsten Schritt werden die verwertbaren Teile in großen Waschmaschinen mit Regenwasser gewaschen. Und weil sich die Ausschnitte der LKW-Planen so gut wie nie wiederholen – durch die Schriften oder geometrischen Formen, die sie tragen – entstehen Unikate. Egal ob es sich um Taschen, Rucksäcke, Portemonnaies oder Accessoires handelt, sie alle sind Einzelstücke, die exakt so nicht reproduzierbar sind. Aktuell hat man als Kunde die Möglichkeit, auf der Website f-cut.ch die eigene FREITAG-Tasche – Modell Dragnet oder Knight Rider – zu gestalten.
Auch wenn das Ziel von Anfang an war, umweltfreundlich zu arbeiten, ist dem Label bewusst, dass aus LKW-Planen, die aus Polyester und PVC-Beschichtung besteht, nicht unbedingt umweltfreundliches Material zu machen ist. Deshalb wird seit Jahren an der Entwicklung von speziellen Stoffen und Kreisläufen gearbeitet. „Es reicht nicht, Produkte zu entwickeln, die rezykliert werden können. Wir müssen Produkte ganzheitlich, mit ihrem Lebensende im Blick, konzipieren und dafür sorgen, dass alles, was kreislauffähig ist, auch tatsächlich in den Kreislauf zurückkommt“, meint Anna Blattert, Circular Technologist bei FREITAG. Die Entwicklung eines dreilagigen, laminierten Stoffes, bei dem das Lining, die wasserdichte Membrane sowie der Außenstoff aus Polyamid 6 (PA6) bestehen, entstand in Kooperation mit einem innovativen taiwanesischen Partner aus der Textilindustrie. Nach über zwei Jahren ist die Entscheidung für PA6 gefallen, da sich der vielseitige Kunststoff für belastbare Produkte eignet und sich besonders gut rezyklieren lässt. Schon im Frühjahr 2024 kommt FREITAGs erster kreisläufiger Rucksack Mono[PA6] auf den Markt. Alle Teile des Rucksacks, vom Stoff bis zu den Schnallen, bestehen aus nur einem einzigen Material. Dies vereinfacht die Rezyklierbarkeit, da das Produkt als Ganzes geschreddert werden kann und nicht zuerst unterschiedliche Materialien aufwändig voneinander getrennt werden müssen.
Ein weiteres schönes Beispiel ist die Handyhülle. Eine gute Erfindung, die sich jedoch mit dem Format des Telefons relativ schnell ändern und dadurch eine kurze Lebensdauer haben kann. Dies gilt aber nicht für die neue F385 CIRC-CASE, denn dieses wird aus alten Skischuhen hergestellt und kann in FREITAG-Stores zurückgegeben, später rezykliert und wieder für neue Cases eingesetzt werden.
Aber auch alte und kaputte FREITAG-Taschen aus LKW-Planen werden so lange wie möglich im Kreislauf gehalten. Diese können zur Reparatur nach Zürich geschickt oder in einer der neun weiteren Reparatur-Stationen weltweit, je nach Zustand, wieder repariert und/oder restauriert werden. Wie lange so eine Behandlung dauert und wie viel sie kostet, hängt natürlich vom Zustand der Tasche ab. Wer das nicht will und nach einer neuen-alten Tasche sucht, kann bei FREITAG-Fans anklopfen und S.W.A.P.-pen: S.W.A.P. steht für Shopping Without Any Payment und ist FREITAGs Taschen-Tausch-Tinder für alle, die eine neue Taschenliebe finden möchten. Auch wenn FREITAG-Taschen zunehmend aus umweltfreundlicheren Materialien gemacht werden: Die LKW-Plane bleibt im Programm.
Heute begleiten Daniel und Markus Freitag die Firma als Verwaltungsräte in der zweiten Reihe. Operativ wird das Unternehmen von einem fünfköpfigen Team geleitet, anstatt weiterer Hierarchieebenen gibt es „Fachkreise“, die selbstorganisiert arbeiten – Holokratie nennt sich das. Ansonsten fahren die beiden am liebsten Fahrrad – und haben bei dieser gesunden Betätigung wohl ihre Taschen dabei.