Zwölf Jahre sind eine lange Zeit. Lang genug, um ein Kind vom Säuglingsalter an die Grenze der Pubertät zu begleiten, oder es von der Volksschule zur Matura zu schaffen. Für die meisten Musiker und Bands, die sich eine zwölfjährige Pause gönnen, heißt es zurück an den Anfang, denn ihre Werke sind wahrscheinlich nur mehr für ein paar versprengte Hardcore-Fans wichtig und für den Rest Teil einer meist vergessenen Vergangenheit. Zu präsent sind mir hier Konzerte von einst erfolgreichen Bands vor den verbliebenen sieben Fans, zwei Stammgästen und den Kellnern in kleinen Clubs. Das ist die andere Seite des gern als grandios verkauften Begriffs „Comeback“.
Dann gibt es Bands wie die Kings of Convenience, die nach zwölf Jahren ihre neue Platte „Peace Or Love“ veröffentlichen und eine Tour ankündigen. Sofort sind viele Konzerte in nicht gerade kleinen Hallen ausverkauft. Wer sie im September bei einem der zwei angesetzten Konzerte in der Royal Festival Hall in London sehen will, der ist schon auf den Schwarzmarkt angewiesen und wer in Italien dabei sein will, der muss schnell sein. Für das Konzert in Catania gibt es noch Karten, alle anderen Termine sind ausverkauft.
Warum die Songs mancher Künstler während ihrer Abwesenheit ein eigenes Leben beginnen und manche sich einfach verlieren, ist ein Rätsel, aber es hat definitiv nichts mit Lautstärke oder Spektakel zu tun. „Quiet is the New Loud“ hieß das Debütalbum der Kings of Convenience 2001, und diesem Motto folgen die beiden Schulfreunde aus Bergen, Eirik Glambeck Bøe und Erlend Øye, seit ihren Anfängen. Im Wesentlichen kommen sie mit zwei Gitarren und ganz klassisch gebauten Songs aus, die sie trotz der Ruhe magisch zu gestalten versuchen. Die Songs für „Peace Or Love“ waren bereits 2016 fertig und wurden sicher fünf Mal aufgenommen: „Wir suchen nach dem Moment, der sowohl inspiriert, als auch geprobt ist“, meint Erlend in einem Interview. Wahrscheinlich ist das Teil der Antwort nach der Frage zur Dauerhaftigkeit ihrer Songs. Sie suchen den richtigen Moment, den nur sie hören können, und diese Ausdauer und die damit verbundene Resistenz gegen Veröffentlichungstermine zahlt sich am Ende aus. Der große Paul Simon, der sich mit den Sounds der Stille ebenfalls bestens auskennt, arbeitet auf die gleiche Weise – und das ist schließlich nicht die schlechteste Referenz. Und wenn wir schon bei Referenzen sind: Leslie Feist gibt sich als Mitautorin und Duettpartnerin auf „Love Is A Lonely Thing“, das bei Nils Frahm in Berlin aufgenommen wurde, die Ehre und sorgt mit ihrem Beitrag für einen klingenden Beweis, dass in der Ruhe unheimliche Kraft liegt.
Kings of Convenience „Peace Or Love“ (UMI/EMI)
www.kingsofconvenience.eu