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Der Duft der Musik

Text: Michael-Franz Woels, Javritchev Mitko | Fotos: Magdalena Blaszczuk

1983 baute Tobias Braun während seines Publizistik- und Germanistikstudiums autodidaktisch seine erste Konzertgitarre. Im Jahr darauf folgte der erste Gitarrenbaukurs unter der Leitung des Spaniers José Luis Romanillos, einem der weltbesten Konzertgitarrenbauer. 1989 legte Tobias Braun dann seine Meisterprüfung ab. Mit José Romanillos, der so etwas wie sein zweiter Vater wurde, blieb er in ständigem Kontakt. Vor einigen Jahren fragte Tobias Braun den damals 75-jährigen José Romanillos:„Wann hast Du eigentlich das Gefühl gehabt, gute Gitarren zu bauen?“ Dieser hat bescheiden geantwortet: „Seit ungefähr fünf Jahren habe ich das Gefühl, Dinge kontrollieren zu können.“

Wie kann man sich den Arbeitsalltag eines Gitarrenbaumeisters vorstellen? Was hat sich im Laufe Ihrer 30-jährigen Tätigkeit verändert?

Ich versuche in der spanischen Tradition zu bauen. Das bedeutet möglichst viel Handarbeit. Ich verwende Maschinen nur für die groben Arbeiten und sehe im verstärkten Maschineneinsatz einen „vergifteten Köder“. Dadurch entfernt man sich immer mehr von seinem Werkstoff. Man verliert den Kontakt zum Holz. Wenn ich mit der Hand hoble, sammle ich wichtige Informationen über die Beschaffenheit, die Dichte und den Faserverlauf des Holzes. Mittlerweile kann ich natürlich auf einen gewissen Erfahrungsvorrat aufbauen, aber man kann schon sagen, dass mit jedem Stück Holz „die Karten neu gemischt werden“.

Es gibt auch nichtindustrielle, kleine Werkstätten wie meine, die mit sehr modernen Werkstoffen wie Carbonlaminat oder Nomex arbeiten. Dieses Nomex mit seiner wabenförmigen Struktur kommt ursprünglich aus der Flugzeugindustrie. Es wird zwischen zwei Holzlagen geleimt. Dadurch wird der Verbundstoff sehr leicht und stabil. Es wird auch mit synthetischen Leimen gearbeitet. Ich werde jetzt auch erstmals für einen chinesischen Kunden Carbon verwenden, aber nur als Verstärkung des Halses. Der Hals ist nämlich die Achillesferse einer Gitarre.

Und zurück zum Arbeitsalltag: Ich möchte vor allem das Tageslicht nutzen. Als Selbständiger ohne Angestellte praktiziere ich das Leben und Arbeiten unter einem Dach, brauche aber gerade durch diese Flexibilität einen sehr disziplinierten Arbeitsrhythmus. An zwei bis drei Gitarren arbeite ich maximal parallel.

Wie wählen Sie Ihr Tonholz aus? Worauf legen Sie persönlich Wert?

Meine ersten beiden Bäume waren 300 Jahre alte alpine Fichten aus dem Sengsengebirge. Ich habe diese 40 Meter hohen Bäume dann ins Mühlviertel in ein Sägewerk bringen lassen und beim Aufsägen geholfen. Ich mag auch die Textur des Holzes aus dem Böhmer Wald. Durch die dünne Humusschicht und den Granitboden sind der pH-Wert und das Nährstoffangebot anders als in den Kalkalpen. Das extrem kalte Klima in Böhmen wirkt sich ebenfalls auf die Beschaffenheit des Holzes aus. Die Übergänge zwischen Sommer und Winter sind fließender als in den Alpen, die Jahresringe sind dadurch nicht so scharf akzentuiert. Alle anderen exotischen Hölzer wie Palisander, Mahagoni, Ebenholz und Zeder kaufe ich im Ausland, vor allem bei Holzhändlern in Spanien oder auch Hamburg. Holzkaufen kann richtig zur Sucht werden!

Eckdaten für die Auswahl eines Baumstammes: er muss kreisrund mit einem Mindestdurchmesser von siebzig Zentimeter, astfrei und nicht drehwüchsig sein. Kompliziert ist dann zum Teil die Bringung von sehr hohen und alten Bäumen, die weit entfernt von Forststraßen stehen. Holz ist für mich eine Wertanlage. Holz wird ja, sofern es nicht nass wird und verfault, mit der Zeit immer mehr wert.

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