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Der Engel ist gelandet

Text: Günther Bus Schweiger | Fotos: Press
Foto: Amanda Marsalis

Bei Gesangskünstlern ist das Schlagen von Haken und das Finden der eigenen Stimme schlichtweg der Inhalt der Arbeit. Nach einer längeren Periode des Suchens erscheint Angel Olsen zumindest vorläufig bei sich angekommen: „Als Mädchen habe ich immer darauf gewartet, dass sich meine Stimme ändert, dass ich endlich so singen kann, als ob es das letzte ist, was ich tue, bevor ich sterbe. So wie die Soulsängerinnen in den Baptistenkirchen. Sie singen mit dem ganzen Körper, sie schreien mit einer Leidenschaft, die größer ist als sie selbst.“ Auf diese Stimme kann ein zierliches Mädchen, das in Missouri aufwuchs, natürlich lange warten, aber die Suche danach ließ sie nicht mehr los. Mit 20 zog sie nach Chicago und tauchte gleich in die dortige Szene ein. Ihre erste Demokassette fand über viele Umwege den Weg zu Will Oldham, der gerade sein Alter Ego Bonnie „Prince“ Billy ruhen ließ und von einer Coverband träumte, die „The Babblers“ heißen sollte. Auf Oldhams Liste standen Cat Power und PJ Harvey als Frontfrauen ganz oben, den Job bekam aber schlussendlich Angel Olsen. Die nächsten Jahre tourte sie mit Oldham respektive Bonnie „Prince“ Billy und konnte in seinem erratischen Schatten ihr Handwerk schärfen.

2014 trat sie mit ihrem Soloalbum „Burn Your Fire for No Witness“ aus seinem Schatten und erntete formidable Kritiken. Bei allem Talent waren ihre Songs mit der oft gehörten Mischung aus traurigem Country, Folk und einem Schuss Nirvana aber noch in einer Liga, in der sich bereits eine Vielzahl von Kollegen ihr täglich Brot zu verdienen versuchte. Es war also verdammt hart, sich durchzusetzen, und Olsen dämmerte, dass sie sich auf einem Weg befand, den sie nicht weitergehen wollte: „Die Platte wurde so dunkel und abseitig, dass ich ein Magnet für Verrückte wurde. Ich bin nicht die Antwort und kann mich nicht dauernd mit Leuten umgeben, die so verloren sind. Teil des neuen Albums ist einfach zu sagen: ,I’m not always fucking sad!‘“

Und genau deswegen schoss Angel Olsen mit ihrem aktuellen Album „My Woman“ in lichte Karrierehöhen. Auf einmal waren da Songs, die ihr Songwritertum mit einer gesunden Prise Pop vereinten. Diese Mischung liebte Olsen schon als Kind an den Platten der Everly Brothers, die im Regal der Adoptiveltern standen. Das beste Beispiel hierfür ist „Shut Up And Kiss Me“, die erste Single aus dem Album, die die dauernde Schwermut hinter sich und die Sonne aufgehen lässt. Der Blues kommt früh genug, wenn man wie Olsen eine Schwäche für angeschlagene Männer hat, aber jetzt und hier kann er verdammt nochmal draußen bleiben.


Angel Olsen: My Woman (Jagjaguwar)

Live: 30. Mai, WUK, Wien

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