Als Thomas Feichtner ein Computermodell einer schlichten, von ihm entworfenen Uhr auf seiner Homepage veröffentlichte, dachte er vermutlich nicht an mögliche Folgen. Es ist fast schon üblich, dass Designer an Entwürfen arbeiten und diese dann in ihr Online-Portfolio aufnehmen. Neu ist aber, dass ein bestimmtes Teil einen solchen Hype unter Designaffinen auslöst, dass das Postfach förmlich überquillt: „Unsere Website explodierte fast und wir bekamen sehr viele E-Mails mit Anfragen, wo man die Uhr kaufen kann“, erinnert sich Thomas Feichtner, der für die Verwirklichung dieses Projekts gerade passende Manufakturen sucht. Es muss schon etwas an einem Designer dran sein, der so etwas schafft. Und was das ist, merkt man beim Betrachten seines bisherigen Schaffens sofort: Alles, was aus Feichtners Feder stammt, lässt vor allem Puristen das Herz ein bisschen höher schlagen. Klare Linien, kein unnötiger Schnickschnack, Reduktion auf das Brauchbare. Aber immer mit einer bestimmten Besonderheit. Wie zum Beispiel ein Cocktail-Service aus Beton (für Absolut Vodka), ein komplett faltbares Regal („Basso“ für Eternit) oder ein Tisch aus Porzellan, der eigentlich eine Schüssel ist („Porcelain Table“ für Augarten).
Ganz klar ist erstmal eines: Die Entwürfe des Designers könnten auch als Einzelobjekte im Museum stehen. Geboren wurde Thomas Feichtner im Brasilianischen Vitória, aufgewachsen ist er aber in Österreich. Hier studierte er auch Industrial Design, nämlich an der Universität für künstlerische und industrielle Gestaltung in Linz. Seitdem entwarf er zahlreiche Produkte für die österreichische Industrie und arbeitet mit Vorliebe mit traditionellen Handwerksbetrieben wie J&L Lobmeyr, Neue Wiener Werkstätten, Wiener Silber Manufactur, Augarten Porzellanmanufaktur oder TON zusammen. Aber auch international ist sein Name bereits geläufig – bis heute verwirklichte er freie Projekte in Kooperation mit Unternehmen, deren Namen man auch als Design-Frischling bereits kennt, darunter Vitra, Absolut und Thonet. Es folgten internationale Ausstellungen in Mailand, Frankreich, London und Wien. Und auch für seine Design-Awards, darunter der Österreichische Staatspreis für Design, könnte er sich bereits eine eigene Galerie entwerfen, so vielzählig sind sie bis heute. Wem das alles zu schnell ging, der kann es auch nachlesen, denn 2010 wurde die Monographie „Thomas Feichtner – Edge to Edge“ vom MAK – Österreichisches Museum für angewandte Kunst / Gegenwartskunst herausgegeben und im Birkhäuser Verlag publiziert.
Kürzelsprache trifft Kochkultur
Einen besonderen Platz in seiner Schaffensgalerie nimmt die Zusammenarbeit mit der Wiener Porzellanmanufaktur Augarten ein, mit der er sogar ein Stück Computersprache an den Esstisch brachte. Inspiriert vom Shortcut, also der schnellen Abkürzung eines Computerbefehls auf der Tastatur, entwarf Feichtner das gleichnamige Service für Augarten und lieferte damit noch mehr Beweismaterial für seine Liebe zur Einfachheit und Schlichtheit. „Shortcut“ steht im starken Kontrast zu den klassischen, vielteiligen Porzellanservicen der im Jahr 1718 gegründeten Manufaktur. „Es ist nicht das Sonntagsporzellan, das für Familienfeste aus der Vitrine geholt wird, sondern ein ehrlicher Alltagsgegenstand einer jungen Generation. Wir kochen schnell, raffiniert und mit qualitativ hochwertigen Lebensmitteln, genauso wollte ich auch das Porzellan entwerfen“, sagt der Designer über das Geschirr gewordene Kürzel. Kein Stück ist auf eine spezielle Anwendung hin entworfen, passé sind damit auch die steifen Tischregeln. Für selbige, traditionsreiche Manufaktur designte Thomas Feichtner jüngst auch eine ganz besondere Neuheit: Eine mutige Mischung aus Beistelltisch und Schale. Der „Porcelain Table“ kann ganz unterschiedliche Verwendung finden. Als Beistelltisch und Obstschale, als Empfangstisch im Eingangsbereich oder als Centerpiece zur Aufbewahrung ganz besonderer Gegenstände. Oder – und das wäre ganz im typischen Feichtner-Stil – völlig puristisch, als aussagekräftiges Designobjekt.