Die Konzertdichte um diese Jahreszeit sagt uns Jahr für Jahr, dass das Sommerloch bevorsteht. Wenn Evan Dando am 15.05. seine ungefähr fünfte Version der Lemonheads auf die Bühne der Szene Wien führt und Songs wie „Big Gay Heart“, „Into Your Arms“ oder „It’s About Time“ anstimmt, dann wird ihm locker verziehen, dass neue Songs eher Mangelware sind. Ob er Christina Aguileras „Beautiful“ auch live die Rocktriobehandlung zukommen lassen wird, bleibt abzuwarten. Am 31.05. besucht Billy Bragg den stilvollen Rahmen des Volkshauses in Graz. Bei Bragg schlug das Herz immer schon links und auch wenn er mit seinem Beharren auf Werte schon ein paar Mal aus dem Radar der Wahrnehmung fiel, ist seine Idee vom Einmannunternehmen, das The Clash sein will, ungebrochen faszinierend. Wir freuen uns auf gut abgehangene Klassiker wie „Milkman Of Human Kindness“ oder„Levi Stubbs Tears“, die bald den Status von Volksliedern erwerben werden. Einen Tag danach, am 01.06., tritt er im gänzlich anderen Rahmen des Wiener Flex auf. Die Festivalsaison ist in Ihrer Aufwärmphase und in der Wiener Arena wird an einem Stern am urbanen Festivalhimmel gearbeitet.
Das The Full Hit Of Summer Festival bringt am 20.06. endlich den Wahnsinn des Gitarren-Schlagzeug-Duos Two Gallants auf eine heimische Bühne. Fanatisches Zusammenspiel irgendwo zwischen Blues und Rock vereinigt sich hier abseits aller White Stripes-Vergleiche zu einem großen Ganzen. Zusammen mit den festivalgestählten Abräumern der Eagles Of Death Metal rund um Frontmann, Schnauzbartträger und Egomaniac Jesse „The Devil“ Hughes, der dem Garagenrock mit lautem Getöse huldigt, ist ein aufwühlender und anstrengender Abend in der frischen Erdberger Luft garantiert. Nach einem dringend benötigten Ruhetag geht das Festival am 22.06. in seine ruhigere Endrunde und die FM4-Gemeinde jubiliert bereits jetzt: Beirut werden mit ihrem bewährten Fake-Folk mit allen Querverweisen von Polka bis Balkansound die sanften Seelen beglücken. Beglückt darf man auch über das Kommen von M. Ward sein. Ursprünglich als Schützling von Howe Gelb (Giant Sand) gestartet, wechselte er in das Umfeld von Conor Oberst und war Teil der grandiosen Monsters Of Folk, die den Begriff der Supergroup endlich neu deuteten. In den letzten Jahren bildete er mit der Schauspielerin Zooey Deschanel das Duo She And Him, das zu seinen Singer/Songwriter Wurzeln auch den notwendigen Pop-Appeal besteuerte und sein Songwriting auf ein neues Level hob. Im großen Meer der momentan tourenden Songwriter seiner Generation ist er zweifellos ein Leuchtturm. Leuchtturm oder nicht, Kopisten oder nicht. Wolfmother sind diese Attribute zweifellos egal. Auch wenn Jimmy Page, die Doors und noch ein paar Helden aus der Vergangenheit für ihren Sound Pate standen, stehen Wolfmother für das gute alte Rockerlebnis. Hand in die Höhe, Augen zu und den Kopf wenn möglich im Takt schütteln, das ist es worum es geht. Die hinteren Reihen bedienen sich an Bierständen und ein Gemeinschaftserlebnis ist garantiert.
Das Lovely Days Festival in Wiesen befreit sich mit Headliner Lou Reed aus der Oldiefalle. Der große alte Grantler ist mit großer Band und einem Querschnitt durch sein Werk, inklusive Velvet Underground Klassikern, unterwegs und es könnte ein „Perfect Day“ in der Wiesener Arena werden. Für einen Zeitreiseeffekt könnten an diesem Abend auch Iron Butterfly sorgen, deren unverwüstliches „In A Gadda Da Vida“ zu hören sein wird.
Bedingungslos bezaubernd, wenn auch musikalisch von einem anderen Stern ist seit 50 Jahren Joan Baez. Sie kommt am 10.07. wieder in die Wiener Stadthalle und bei aller Teilnahme am Weltgeschehen, ist immer wieder bewundernswert, wie sie solo Songs mit Leidenschaft und Leben erfüllt und sie zu ihren macht. Sie mag Oma sein, sie mag viel über den frühen Dylan erzählen können und noch tausend Sachen mehr, aber im Kern geht es um die Leidenschaft für Songs und die hat Joan Baez noch immer.
