Oft fangen Bandgeschichten in der Schule oder anderen Ausbildungsstätten an. In manchen Fällen treffen sich auch Außenseiter, die sonst nirgendwo Anschluss finden, um mit ihren Mitteln um Anerkennung, Liebe und Ruhm zu kämpfen. Dabei nehmen sie alle Schmach auf sich, um dem Leben mit jener Musik, die ihnen aus den Poren quillt, eine andere Wendung zu geben. Im 21. Jahrhundert wird aus der Band oftmals ein Projekt, die Musik findet den Weg direkt vom Kinderzimmer aus auf diverse Plattformen wie Bandcamp oder Soundcloud.
Die Geschichte von Car Seat Headrest fing genauso an. Will Toledo dürfte in den späten nuller Jahren alles von Pavement bis Dinosaur jr. gehört haben. Zuhause begann er, mit Gitarre und Laptop Songs aufzunehmen. Diese trugen illustre Titel wie „David Lynch Versus the Moon“, „Kid War“ oder „You Have to Go to College“ und erzählten von einem Buben, der sich seiner Mission sehr sicher war. Das Cover des ersten Albums, das er als Car Seat Headrest auf Bandcamp stellte, zierte das Foto einer Kopfstütze. Das war ein Hinweis darauf, dass er die Gesangsspuren aufgrund seiner Schüchternheit auf dem Rücksitz des elterlichen Autos aufnahm.
Insgesamt stellte Toledo vier Alben aus seiner Produktion auf Bandcamp, darunter schon große Werke der Gitarrenschrammelkunst wie „I Feel Like Daniel Johnston“. Dann folgte der Zufall, der der Geschichte den notwendigen Drive gab: Chris Lombardi, Gründer von Matador Records, stolperte über die Bandcampseite von Toledo und nahm ihn eine Woche später unter Vertrag. Damit war klar, dass aus dem Heimprojekt eine Band werden würde – Car Seat Headrest, das Quartett, war geboren. Die Gruppe erreichte schnell die Herzen vieler einsamer und zweifelnder Altersgenossen und so kam es, dass schon die ersten Touren von begeisterten und textsicheren Fans geprägt waren. Seit 2020 trägt Toledo auf der Bühne eine Maske. Auf die Frage nach dem Warum antwortete er: „Ich glaube, es ist ein Versuch, von den Leuten anders wahrgenommen zu werden, speziell auf der Bühne.“
Aktuell veröffentlicht die Band, die aus der Plattform kam, etwas sehr Analoges: Ein Live-Doppelalbum ihrer Auftritte im Brooklyn Steel in New York im Jahr 2022. Bei dieser Reise durch Songs, die die Band prägten, zeigen sie sich in absoluter Hochform. Der souveräne Toledo gibt den besten Jarvis Cocker, den Amerika jemals hervorgebracht hat, schaut sich aber auch ein paar Tricks bei Jim Morrison ab – und stellt sich so ziemlich breit auf. Beim souve-ränen Spiel mit dem Publikum merkt man, dass hier einer seit seinen Kindertagen an sich und seine Songs glaubt. So beleben Car Seat Headrest das Genre Livealbum auf ganz alte Weise: Man dokumentiere eine Band auf dem Höhepunkt ihres bisherigen Weges in einem magischen Augenblick – und fertig ist ein Meilenstein.
Car Seat Headrest
Faces from the Masquerade
(Matador)