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Die Band fürs Leben

Sleater-Kinney marschieren auch auf dem elften Album eindrucksvoll in neue Territorien.

Foto: Chris Hornbecker

Es war im fernen Jahr 1991, als Corin Tucker in eine Show von Kathleen Hannas Band Bikini Kill stolperte und ihr Erweckungserlebnis hatte. Hanna nahm sich auf der Bühne das Recht, gemeinsam mit Frauen Feminismus zu verkörpern und noch dazu Hardcore-Songs in die Welt zu schreien, die die Gefühle der Jugendlichen unmittelbar trafen. Die eigene Band Heavens to Betsy war schnell auf die Beine gestellt, und getourt wurde oft gemeinsam mit der Band Excuse 17, in der Carrie Brownstein Gitarre spielte. Die Begegnung sollte das Leben der beiden bestimmen, denn nach kurzer Zeit gründeten sie Sleater-Kinney.
Bis auf eine Pause von 2006 bis 2014 war die Band immer aktiv, überstand die Trennung des Paares Brownstein/Tucker und die verschiedenen Lebenswege, die das Duo einschlug. Tucker heiratete Regisseur Lance Bangs und schlug mit zwei Kindern den Familienweg ein, Brownstein schrieb und spielte in der grandiosen Sketch-Show Portlandia, arbeitete als Schauspielerin und machte sich unsterblich, als sie in der 24. Staffel der Simpsons der Figur Emily ihre Stimme lieh.

Foto: Chris Hornbecker

Vielleicht ist auch dies das Geheimnis der Langlebigkeit von Sleater-Kinney als Band: Der Riot-Girl-Bewegung sind sie lange entwachsen, aber die Songs reflektierten immer den Zustand der Gegenwart und sind keine museale Verklärung der Vergangenheit. Das letzte Album namens „Path of Wellness“ spielte vor dem Hintergrund der Pandemie, der Waldbrände in Oregon (wo beide leben) und der Black-Lives-Matter-Demonstrationen in Portland. Nach der Arbeit an fünf Songs für das neue Album erhielt Brownstein einen Anruf mit der Nachricht, dass ihre Mutter und ihr Stiefvater bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen waren. Brownsteins Welt geriet aus den Fugen – was ihr Halt gab, war die Gitarre, auf der sie plötzlich regelmäßig übte: „Ich saß stundenlang auf dem Sofa und spielte Akkorde, vielleicht war es meine Art zu beten. Es fühlte sich so willkürlich an, überhaupt zu leben.“ Sie kam trotz Panikattacken aus dem Tunnel der Trauer; es ergab sich eine Art der Dringlichkeit, die in die Songs der gerade erschienen elften Sleater-Kinney-Platte „Little Rope“ Eingang fand. „Little Rope“ ist nicht weniger als das Statement eines Songwritingduos, dass die Kraft der Gitarren weiter in ihm glüht. Dass da mit „Say It Like You Mean It“ auch gleich ein großer universeller Abschiedssong gelingt, ist ein Bonus, der aber bei dieser Band keinen verwundern darf.

 

Sleater-Kinney: „Sweet Rope“ Loma Vista / Concord
Live: 17. August, Berlin – Astra Kulturhaus
August, Köln – Carlswerk Victoria
August, München – Backstage Werk

 

| FAQ 74 | | Text: Günther Bus Schweiger
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