Didi Sattmann ist seit 1994 fotografischer Zeitbeobachter am Wien Museum. Er bekennt sich zur Provinz, lebt mittlerweile im Weinviertel und pendelt täglich nach Wien. Als Fotograf sucht Didi Sattmann immer noch die Begegnung mit den Menschen. Hinter die Fassaden zu blicken, bedeutet Masken abzulegen. Sowohl die Masken des Fotografen als auch die des Fotografierten. Urbanität und Peripherie werden vielmehr zu Wortfassaden der Stadt, hinter die es einen Blick zu werfen gilt. Didi Sattmann interessieren die Übergänge und Brüche peripherer und urbaner Räume und die Möglichkeit zur Aneignung des öffentlichen Raumes. Womit er auch mit seinen stadtdokumentarischen Fotografien wieder bei den Menschen angelangt ist.
Wie sind Sie zur Fotografie gekommen?
Das Fotografieren ist mir eigentlich zugefallen. So wie vieles in meiner Arbeit. Ich lasse dem Zufall viel Raum. Ich bin damals beim Monatsmagazin Extrablatt für einen Fotografen eingesprungen. Für mich war das ein Abenteuer, und ab dann habe ich professionell fotografiert. In meiner Lebensplanung ist ursprünglich weder Fotografie noch Journalismus vorgekommen. In der Extrablatt-Redaktion bin ich sehr interessanten Menschen begegnet wie zum Beispiel Christoph Ransmayr, der mich ungemein beeindruckt hat. Mit seiner Art zu recherchieren, zu denken, zu arbeiten. Der hat für einen Satz einen Papierkorb gefüllt, so lange hat er zum Teil an der Formulierung gefeilt. Ich war ungemein fasziniert und habe alles andere liegen gelassen und als freier Fotograf begonnen.
Versuchen Sie auch so genau zu arbeiten wie zum Beispiel ein Christoph Ransmayr?
Ich bin nicht so genau. Da kommt vieles intuitiv aus dem Bauch und dem Handgelenk. Ich habe mich als Autodidakt inhaltlich sehr intensiv mit Fotografie beschäftigt. Die Fotografie ist ein sehr weites Feld, es beinhaltet auch kognitive Aspekte. Für das Wien Museum mache ich stadtdokumentarische Fotografien. Ich habe mir immer gewünscht, ein eigenes Projekt zu machen, wie jetzt ab Juni die Ausstellung Wien Außen.
Seit wann gibt es die Stadtdokumentationen für das Wien Museum?
Der Direktor Wolfgang Kos hat die Sammelstrategie, auch die Gegenwart zu sammeln. Dazu sind präzise Überlegungen notwendig, ansonsten würde das Sammeln ja uferlos werden. Diese Stadtfotos zu Wien Außen werden gemacht um in die Sammlung des Wien Museums als Zeit-Dokumente ab 2009 einzugehen.
Uns hat der Begriff „Fotografischer Zeitbeobachter” sehr gut gefallen. Was macht man als fotografischer Zeitbeobachter?
Es gibt kein objektives Beobachten. Wie würde das aussehen? Man kann also im Prinzip nur sein eigenes Umfeld beobachten. Aber es gibt sehr genaue Kriterien zu den Nicht-Zielen. Die Ziele zeigen sich oft erst später. Man weiß ja schließlich nicht, was man an bestimmten Orten vorfinden wird. Nicht-Ziele wären zum Beispiel: das nostalgische Wien, das touristische Wien, das feudale Wien. Das hat uns weniger interessiert. Wir wollen neue Entwicklungen in der Stadt, allerdings im Allgemeinen, Banalen und Gewöhnlichen, festhalten. Darin enthalten ist ja auch oft wieder das Ungewöhnliche. Eine weitere Eingrenzung ist der Bereich außerhalb der etablierten Innenbezirke. Wobei man sagen muss, dass es Provinz im Zentrum genau so gibt. Doch gerade am Rand, außerhalb von Wien, finden oft tolle, innovative Entwicklungen statt. Das Neue kommt fast immer vom Rand. Darum haben wir die Ränder in den Fokus gestellt.
Wie würden Sie den Begriff Peripherie definieren?
Darüber haben wir uns hier im Wien Museum jetzt zwei Jahre lang Gedanken gemacht. Wir sind von dem Begriff abgekommen, weil dieser Begriff auch einen negativen Beigeschmack hat. Der Titel Wien Außen schien uns unverfänglicher. Peripherie ist auch nicht dort, wo Grün anfängt. Oder anders gefragt: Wo ist Peripherie nicht? Der Bereich an den Standrändern bietet, so scheint mir, mehr Möglichkeiten, den öffentlichen Raum in Besitz zu nehmen.
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Wien Aussen
13. Juni bis 8. September im Wien Museum