Viele gescheite Menschen meinen, dass es im Leben um Momente geht. Momente, an denen man zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist ,um gescheiter zu werden, um zu wissen, wen man liebt oder wie es weitergeht. Oder auch, um einen Menschen zu treffen, der eine Tür aufmacht, vor der man schon lange gewartet hat. Bei Sigrid Horn war es ein Auftritt im Wiener Lokal Dezentral, das auch im „Praterlied“ vom Nino aus Wien zu Ehren kommt. Ernst Molden in seiner Rolle als Verbindungsmann zwischen allen heimischen Musikergenerationen hörte nicht nur zu, sondern entdeckte in der Stimme und den Liedern etwas, das ihn packte und faszinierte. Das Ergebnis dieser Begegnung war das Debütalbum „sog i bin weg“, das im Herbst 2018 erschien und eindrucksvoll zeigte, welche Lieder für die Welt ohne diese Begegnung beinahe verloren gegangen wären. Mit „baun“, der Hymne gegen die ungebremste Zubetoniererei, gewann Sigrid Horn 2019 dann den Protestsongcontest, aber auch wunderbare (selbst-)ironische Betrachtungen mit Mitsingrefrains wie „dromedar“ oder Sprachkunstwerke wie „zombies“ wurden bald zu Höhepunkten jedes Konzertes und eroberten die Herzen und Hirne der Zuschauer.
Nun erscheint das zweite Album „i bleib do“, und wenn es eines Beweises bedurfte, dass Sigrid Horn gekommen ist um zu bleiben, dann liegt der nun vor. Mit „Radl“ fasziniert Horn gleich von Beginn an mit der Geschichte einer großen Liebe in einer widrigen Umgebung. Dieses Lied und die neun anderen Geschichten aus dem wahren Leben, gesungen im nicht lokalisierbaren Dialekt, sind zehn Gründe, um Sigrid Horn um ein Gespräch zu bitten:
FAQ: Im Gegensatz zu anderen Songwritern spielst Du Ukulele, und im Trio sind noch Sarah Metzler an der Harfe und Bernhard Scheiblauer an der Konzertina dabei. Wie kam es zu diesem Setting?
Ich hab die Sarah und den Bernhard einfach gern, und wir haben eigentlich immer schon zusammen Musik gemacht. Sarah hat Harfe studiert und spielt großartig. Bei mir ist es so, dass ich viel unterwegs war und mein Klavier nicht gehabt habe. Um die Depression zu vermeiden, habe ich mir eine kleine billige Ukulele auf den Rucksack geschnallt und dann auch mit ihr gespielt. Der Bernhard ist eigentlich der funkigste Ukulelespieler, den ich kenne, aber nachdem ich die schon gespielt habe, haben wir ihn zu einem anderen Instrument verdonnert und so kam die Konzertina ins Spiel, die bei ihm zu Hause gelegen ist. Die hat uns vom Klang her so gefallen, dass er am ersten Album auf zwei Liedern spielt und am neuen schon bei vier Songs.
FAQ: Könntest Du dir auch breitere Arrangements vorstellen?
Die Songs funktionieren sehr gut wie sie jetzt sind, aber ich hätte auf jeden Fall Lust, das auch einmal größer zu machen. Vielleicht mit einem Orchester aus lauter Frauen, die bei den Philharmonikern vorgespielt haben und nicht genommen wurden, dagegen würde ich mich nicht wehren.
FAQ: Was war dein Weg von dem Moment an, als Du begonnen hast, Lieder zu schreiben, bis zur ersten Platte?
Die Songs habe ich nur für mich geschrieben und eigentlich gar nicht mehr damit gerechnet habe, dass sie veröffentlicht werden. Es war dann der Anreiz von Ernst Molden, der gesagt hat, „Komm vorbei, spiel mir was vor und dann machen wir eine Platte“. Ich habe es immer gehofft, aber wie gesagt, gerechnet habe ich damit nicht mehr.
FAQ: Wären die Songs ohne die Begegnung mit Ernst Molden sonst in deiner Wohnung geblieben?
Ja, ich spuke ja schon länger in der österreichischen Musik-szene herum und an dem Punkt, als mich Ernst gefragt hat, habe ich innerlich abgeschlossen gehabt. Ich habe mir gedacht, das will keiner hören. Dass dann jemand kommt, der sagt: Ich will das hören und das wollen noch mehr hören, und dass ich bei jedem Konzert merke, dass das wirklich mehr Leute hören wollen, das ist wirklich cool.
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