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Die Viennale liegt am Meer

Text: Bert Rebhandl | Fotos: Viennale

Das Filmjahr lässt sich ganz gut mit einer Saison im Tennis vergleichen. An jedem Wochenende findet irgendwo ein Turnier statt, zwischendurch gibt es die Höhepunkte (Grand Slams), und im Herbst zeigen sich bei einem Masters noch einmal die aktuell prägenden Spieler, sofern sie nicht verletzt sind. Im Kino bilden Berlin, Cannes und Venedig den Grand Slam, mit dem markanten Unterschied, dass ein Film natürlich nicht überall gewinnen kann. Aber das ist ja auch Novak Djokovic noch nicht in einem Jahr gelungen. Die Viennale fällt (ähnlich wie zum Beispiel das New York Film Festival) im Filmjahr in die Nachsaison. Das ist eine terminlich günstige Position für diese Filmjahresbilanz, die sich Wien einmal im Jahr gönnt. Die Viennale profitiert dabei von der langen Inkubationszeit, die viele Filme haben. So wurde zum Beispiel der Eröffnungsfilm Manchester by the Sea schon zu Beginn des Jahres 2016 in Sundance gezeigt, dann wurde er im September in Toronto so ein bisschen wiederentdeckt, ins Kino wird er erst 2017 kommen. Die Auswertungsrechte dieser melancholischen Familiengeschichte aus dem Nordosten der USA hat sich übrigens Amazon gesichert. Casey Affleck spielt einen Handwerker, der nach dem Tod seines Bruders in seinen Heimatort Manchester by the Sea in Massachusetts zurückkehren muss. Hier ist früher eine Menge vorgefallen, was auch seine abweisende Grundhaltung erklären kann. In Rückblenden legt Kenneth Lonergan allmählich frei, was es mit diesem Lee Chandler und seiner Resignation auf sich hat. Zugleich wird das Leben einer amerikanischen Kleinstadt am Meer in vielen Facetten erkennbar, und mit dem Neffen von Lee, dem Schüler Patrick, kommt auch noch eine andere Stimmung in den Film. Patrick trauert um seinen Vater, aber er hat auch viel vor, er ist drauf und dran, zum ersten Mal Sex zu haben, und er will um jeden Preis das Boot behalten, das ihm sein Vater vermacht hat. So kehrt allmählich das Leben zurück, und am Ende ist Manchester by the Sea zwar immer noch herbstlich grau, aber man sieht die Welt ein bisschen positiver.

Für die Viennale ist das ein nahezu klassischer Eröffnungsfilm, der wohl nicht zuletzt wegen der Schauspieler ausgewählt wurde. Casey Affleck ist einer der derzeit talentiertesten amerikanischen Charakterdarsteller und Michelle Williams hat zwar nur ein paar eher kleinere Auftritt, die aber umso einprägsamer sind. Kenneth Lonergan, einer der interessantesten amerikanischen Filmemacher der Gegenwart, wird zur Premiere in Wien erwartet … 

Vollständiger Artikel in der Printausgabe.

 

VIENNALE 2016

20. Oktober – 2. November

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| FAQ 39 | | Text: Bert Rebhandl | Fotos: Viennale
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