Die ansonsten manchmal biedere Webseite von FM4 überraschte Mitte dieses Jahres tatsächlich einmal: Zum Song zum Sonntag wurde „Nothing Is As Good As They Say It Is“ von den Sparks ausgerufen. Das Brüderduo, das zusammen zwar schon über 150 Jahre auf dem Buckel hat, aber in punkto Witz, Neugier oder einfach maßloser Freigeistigkeit mit jedem Album neue Maßstäbe setzt, wird auch vom Jugendsender wahrgenommen. Im Song erzählt ein Baby, das von der Außenwelt enttäuscht ist, dass es wieder zurück in den Bauch der Mutter will – und das natürlich mit jener Unschuld, die die Sparks schon immer verkörperten. Der Song ist die zweite Single ihres 26. Albums „The Girl Is Crying in Her Latte“ und die Kritiker weltweit überschlagen sich mit Jubelhymnen.
Die Karriere begann vor mehr als einem halben Jahrhundert mit dem Welthit „This Town Ain’t Big Einough for Both of Us“ und nahm dann alle Kurven, die eine Laufbahn in diesem Geschäft machen kann. Sie spielten oft in Clubs und wechselten die Plattenlabels öfter, als es jeder Chronist nacherzählen kann, aber sie machten immer weiter, änderten an ihrer Arbeitsweise nichts, schrieben unbeirrt ihre Songs über sämtliche möglichen und unmöglichen Phänomene des Lebens und schafften es nie, eine schlechte Platte zu machen oder ein lustloses Konzert zu spielen. Ihre Kunst ist der Lebensinhalt und jeder ist eingeladen, daran teilzuhaben. Wenn es nur ein paar Fans sind, wie vor ein paar Jahren in einem Club in Bratislava, ändert das an der Wucht und Freude an der Performance überhaupt nichts.
Ihre letzte Serie an Alben „Hippopotamus“, „A Steady Drip, Drip, Drip“ und eben jetzt „The Girl Is Crying In Her Latte“ war aber definitiv nicht mehr zu überhören und spülte Russel und Ron Mael im gesetzten Pensionsalter wieder in der Gunst des Publikums nach oben. Sie spielten auf der laufenden Tour zwei Mal in der ausverkauften Royal Albert Hall in London und debütieren am 16. Juli in ihrer Heimatstadt Los Angeles in der Hollywood Bowl, die immerhin 18.000 Zuschauer fasst. „That’s show business“ würde Russel wahrscheinlich sagen, aber wer miterlebt hat, mit welcher Freude und Demut sich die Brüder beim letzten ausverkauften Konzert in Berlin vom jubelnden Publikum verabschiedet haben, der hat eine Ahnung, welche tiefe Zufriedenheit über ihr Lebenswerk diese Kerle derzeit verspüren.
Und wer das Video zum Titelsong von „The Girl Is Crying in Her Latte“ noch nicht gesehen hat, der hat auch Cate Blanchett in einer weiteren Glanzrolle nicht gesehen. Auch Hollywood hat die zwei Einheimischen inzwischen bemerkt.
Sparks
„The Girl Is Crying In Her Latte“
(Island)