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Elvis Costello

Text: Günther Bus Schweiger, Reynolds Peter | Fotos: Universal Music

Der britische Singer-Songwriter Elvis Costello spricht in seinem geliebten Vancouver über sein neues Album „Hey Clockface“, seine Aufnahme-Trips nach Helsinki und Paris, seinen Grammy für „Look Now“, ein Leben im Lockdown, über Zeitgeist, Schreibprozess und Gesellschaft.

Elvis Costello, Foto: Lens O’Toole

Laut Udo Jürgens fängt für Elvis Costello mit seinen 66 Jahren das Leben erst an. Dabei könnte sich der für viele einzig wahre Elvis zurücklehnen, auf ein Werk zurückschauen, das unvergleichlich und an Vielfalt nicht zu überbieten ist, sich mit seinen pubertierenden Zwillingen ins Musikzimmer zurückziehen, sie zur Schule kutschieren oder einfach seiner Frau Diana Krall zuhören und für ihre Band rund um den Gitarristen Marc Ribot, der auch schon zu Costellos Musikern gehörte, englische Spezialitäten kochen. Kurz, er könnte sich auf die faule Haut legen, den Elder Statesman des Songwriting geben, ab und zu einen Gastauftritt absolvieren und sonst das Leben genießen, vor allem da er erst vor kurzem eine Tumoroperation glänzend überstanden hat.

Aber wahre Besessene machen immer weiter: Bob Dylan mit seiner Never Ending Tour, John Prine mit ewiger Kreativität bis zum Coronatod, Lucinda Williams oder Van Morrison mit ihrer Schaffenswut und Costello mit seinen immer noch sprudelnden Songs.

Einst trieben ihn die drei englischen Tugenden Anger, Alcohol und Arrogance an, und er schuf in den späten Siebzigern frühe Meisterwerke wie „Watching the Detectives“, „Oliver’s Army“, „Shipbuilding“ oder „Accidents Will Happen“. Er lieh sich im Akkord Basslinien von Motown aus und bastelte daraus das magische Album „Get Happy“, wo er einen wunderbaren kurzen Song an den anderen reihte und ein Album schuf, das mit jedem Jahrzehnt gewachsen ist. Später arbeitete er mit den Musikern von Elvis dem Älteren und krönte sich zum „King Of America“. Dass da auch ewige Songs wie „Indoor Fireworks“ dabei waren, versteht sich von selbst. Er suchte sich in seinen mittleren Jahren Partner wie die Roots oder das Arditti String Quartett und füllt bis heute locker alle Konzertsäle von Warschau bis Seattle. Warum er für sein durchwachsenes letztes Album „Look Now“ den Grammy bekam, bleibt auch Costello selber ein Rätsel. Jedenfalls besinnt er sich auf seinem neuen Album „Hey Clockface“ auf das Wesentliche, spielt viele Instrumente selbst und findet in der Reduktion wieder zu alter Stärke zurück.

Elvis Costello © Magdalena Blaszczuk

Anfang des Jahres wurden Sie für „Look Now“ noch mit einem Grammy ausgezeichnet. Wie hat sich das angefühlt? Und warum haben Sie darauf nicht gleich noch ein Imposters-Album folgen lassen? Ist das stolze Verweigerung?

Das war sehr unerwartet, vor allem, wenn man sich ansieht, in welcher Gesellschaft wir in der neuen Kategorie Best Traditional Pop Vocal Album waren: Barbra Streisand, Andrea Bocelli, Michael Bublé und John Legend. Wie unser Album da hineinpasst, weiß ich nicht, aber das hat sich eben jemand so ausgedacht. All diese Dinge sind ja eigentlich mehr ein Anlass, um zusammenzukommen und ein bisschen zu feiern. Man kann nicht wirklich sagen, dass ein Album besser ist als ein anderes. Doch sie haben uns eingeladen und wir haben mitgespielt, zumindest drei von uns. Steve Nieves Einladung haben sie an die falsche Adresse geschickt, also hat er nichts davon gewusst. Wir nahmen Sebastian (Krys, Co-Producer, Anm.) mit und hatten eine gute Zeit. Es war eine große Überraschung für uns, dass wir gewannen. Wir versuchten, zu lächeln und nicht über die Saal-Einrichtung zu stolpern. Und bevor die Show so richtig Fahrt aufnahm, war ich schon wieder zurück im Hotel.

Wie viel Abenteuer steckt im neuen Album „Hey Clockface“? Was veranlasste Sie dazu, es gerade in Helsinki aufzunehmen?

Naja, das klingt alles ein bisschen aufregender, als es ist, jetzt, wo man nicht einmal einfach an jeder Ecke etwas einkaufen gehen kann. Aber das war gar nicht so abwegig, vor Tourbeginn in England einen kleinen Abstecher nach Finnland zu machen. Ich hatte dieses Studio gefunden, das spannend klang und dachte, das würde gut zu mir passen. Es passte dann sogar sehr gut. Ein junger Toningenieur dort war sehr schnell und sehr gut hinsichtlich Editing. Weil ich alles selbst einspielte, die Songs ziemlich genau in meiner Vorstellung hatte, wollte ich wie ein Kind darauf los spielen – nicht unbedingt ein Pfad, den ich schon mal mit Band eingeschlagen hätte. Das hört man auf „No Flag“, „Hetty O’Hara“ oder „We Are All Cowards Now“, eine ungewöhnliche Herangehensweise an den Sound. In „No Flag“ gibt es bis zur Bridge keinen Bass, bei „Hetty O’Hara“ gibt es überhaupt keinen. Die tiefen Drums nehmen den ganzen Raum ein. So etwas würde dich kein Drummer oder Bassist in einer Band je machen lassen. (Lacht.) …

Lesen Sie das vollständige Interview in der Printausgabe des FAQ 59

 

| FAQ 59 | | Text: Günther Bus Schweiger, Reynolds Peter | Fotos: Universal Music
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