Dass Promtion nicht unbedingt marktschreierisch daherkommen muss, sondern auch einen guten Schuss Selbstironie beinhalten kann, bewiesen Arcade Fire nach Erscheinen ihres fünften Albums „Everything Now“ im letzten Jahr. Auf einer eigens dafür eingerichteten Website, die dem US-Musikblog Stereogum nachempfunden war, ließen sie eine Review ihres neuen Albums erscheinen, die die befürchteten Kritiken in den Medien wohl zumindest abfedern sollte. Von „Dance beeinflussten Tracks, die in der Nähe von LCD Soundsystem angesiedelt sind“, war da zu lesen und der Schlusssatz verkündete ganz selbstbewusst, „dass es am Ende als eines der besten Alben des Jahres bewertet werden wird.“
So kann man einen Spin natürlich auch legen. Da Win Butler und seiner Band sicher bewusst war, dass „Everything Now“ ein Schritt in Richtung breitenwirksamer Pop ist, der auch am Rande der Banalitätsgrenze dahinschrammen kann, legten sie eben eine Vorlage in die andere Richtung. Den Kritikerlieblingen war eine Abkehr der Mediengunst anscheinend doch nicht ganz genehm. Dass sich Arcade Fire daneben als Angestellte der „Everything Now Corp.“ ausgaben und auch noch gefakte Werbung für Limonade und Riegel auf der Seite platzierten, war gekonnte Satire – vielleicht aber auch ein Hinweis darauf, dass sie nach 16 Jahren erstmals bei einem großen Player im Entertainmentgeschäft unterschrieben haben und die Verpflichtungen zunehmen.
Aber warum die Vorsicht? Kritiken haben auf den Erfolg einer Platte keinen Einfluss mehr, und ob jemand bei einer großen Plattenfirma unter Vertrag ist oder nicht, ist auch kein Kriterium für Glaubwürdigkeit oder vermeintliche Authentizität. Arcade Fire sind längst eine blendend eingeführte Marke, die gern und oft rund um die Weltkugel als Headliner für Festivals gebucht wird. Diesen Status haben sie sich als famose Liveband mit großen Alben wie „Funeral“ in der Hinterhand auch verdient. An diesem Status rüttelt eine Platte, die zwiespältig aufgenommen wird, nicht im Geringsten. Die Veröffentlichungen der Rolling Stones sind seit mindestens 30 Jahren bestenfalls Beiwerk – hindert sie das, absurde Eintrittspreise für ihre Shows zu verlangen, die auch gerne bezahlt werden? Definitiv nein.
Nach ihrem umjubelten Open-Air Konzert in Linz im letzten Jahr bringen Arcade Fire ihre Breitwandpopshow am 18. Juni in die Wiener Stadthalle. Die Herzen werden ihnen wie immer zufliegen.
Arcade Fire: Everything Now (Columbia)
Live: 18. Juni 2018 Wien, Stadthalle