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Gegen den Strom

Fotos: Alexander Pérez-Flores

Mit ihrer Debüt-Kollektion setzt die peruanische Designerin Soleil Cuéllar ein Statement für mehr Akzeptanz.

Ihre erste Kollektion „the abnormal“ beschreibt die junge Designerin Soleil Cuéllar als sehr persönlich und emotional, was vor allem mit ihrer Herkunft zu tun hat. Sie verbrachte einen Großteil ihrer Kindheit und Jugend in Pisco, einer Industrie-und Fischerstadt an der peruanischen Pazifikküste. An ihrer Schule wurde ein strenges, einheitlliches Ideal eines Schülers propagiert, in welches sie sich bereits als Kind nicht richtig einordnen konnte, wie sie FAQ erzählt: „Es ist dort sehr schwierig, anders zu sein. Dies bezieht sich sowohl auf die Kleidung als auch auf den Musikgeschmack. Als ich dann Bücher von Michel Foucault gelesen habe, allen voran das Buch ‚The Abnormal‘, nach dem auch die Kollektion benannt ist, konnte ich mich sofort damit identifizieren. Zum Beispiel wie er über das Bildungssystem spricht.“ Der französische Denker hat sich Zeit seines Lebens philosophisch als auch politisch darum bemüht, für jene zu sprechen, die in der herrschenden Gesellschaft keine Stimme haben. Mit ihrer avantgardistischen Mode will sich auch Soleil Cuéllar für mehr Akzeptanz einsetzen: „Ich glaube, es gibt zwei zentrale Aspekte, die behandelt werden müssen, von der täglichen Interaktion bis hin zur Antwort der Regierung darauf. Beide Aspekte beginnen bei der Erziehung. Im Bildungssystem muss einiges unternommen werden, Gesetze gegen Diskriminierung beispielsweise. Ich komme aus einem Land, in dem die Gleichberechtigung der Geschlechter seit Jahren nicht vorankommt.“ Als ihre größten Inspirationsquellen nennt sie Persönlichkeiten, deren Geschichte sie bewegt – Louise Bourgeois oder Albert Camus, beispielsweise. Auch Charaktere, die durch die Literatur und das Kino dargestellt, aber verkannt wurden, üben eine gewisse Faszination auf die Designerin aus, egal ob Dracula, Frankenstein oder Nosferatu.

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Soleil Cuéllars Heimatland Peru gehört zu den größten Produzenten von Rohstoffen wie Baumwolle, Alpaca- und Vicuñawolle – letzteres zählt zu den wertvollsten Textilmaterialien überhaupt. Der Kontext zur Mode verläuft aber immer noch sehr traditionell, für junge Designer mit modernen Ideen gab es bis vor kurzem nur wenig Entfaltungsmöglichkeiten. Vor einigen Jahren wurde dann der Studiengang Modedesign an einigen Universitäten eingeführt. Eine wichtige Plattform, wie Soleil bestätigt: „Wir sind auf einem guten Weg, man sollte der Modeszene in Peru aber noch ein wenig Zeit geben. Es gibt hier so viele unterschiedliche Kulturen, viele davon beschäftigen sich mit Erzählungen über den Tod. Die traditionellen Umhänge der Paracas-Region zum Beispiel. Oder die Grabpuppen der Chancay-Kultur und die Totenmasken von Lambayeque. Die Hingabe und Pflege dieser Kulturgüter ist etwas, das mich sehr berührt.“ Da nun der Master-Abschluss in Modedesign ansteht, wird die Zukunft für Soleil Cuéllar dennoch einen Umzug in eine der großen Modemetropolen bringen. Derzeit schnuppert sie in die Welt der Hutmacherei. Was Soleil uns aber zum Schluss versichert, ist, dass es von ihr noch viele weitere „Freak Shows mit ganz viel Herz“ geben wird.

Fashion Design by Soleil Cuéllar

Photographer – Alexander Pérez-Flores

Art direction & styling – Coraima Valdez

Model – Marijana Stracenski

Make-up artist – Micaela Linares

Assistants – Nancy Tang, Karen Rivera and Angie Terukina

 

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