Wer den Namen Lobmeyr hört, denkt sofort als an erlesene Kunstwerke aus Glas – von prächtigen Lustern bis hin zu klassisch-verspielten Trinkgefäßen. Heuer begeht das Tradtionsunternehmen sein 200. Jubiläum. Blicken wir kurz auf die Ursprünge: Der Glasergeselle Josef Lobmeyr sen. (1792–1855) eröffnete 1823 sein erstes Glasgeschäft in Wien und entwickelte den Glashandel schnell zur autonomen Produktion weiter. 1835 wurde er zum „k.k. Hofglaswarenhändler“ ernannt. Das lange bei Staatsbanketten benutzte erste „Hofburgservice“ ist heute museal und durch ein ebenfalls von J. & L. Lobmeyr nach Entwurf von POLKA erzeugtes Service ersetzt worden; bis heute kommt das „Hofburgservice“ bei Staatsbanketten zum Einsatz.
Auch die Wirren der bürgerlichen Revolution von 1848 hatten keine negativen Auswirkungen auf Lobmeyr – im Gegenteil: In diesem Jahr erfolgte eine Geschäftserweiterung. Das Angebot umfasste damals neben Lustern und Spiegeln über 50 verschiedene Service im Biedermeier-Stil. Die Entwürfe dienen nach wie vor als Vorlagen für die Produktion, bei der klassische Ideen auf modernstes Know-how treffen.
Josef Lobmeyrs Sohn Ludwig (1829–1917) war ein Pionier in der Kunstglasindustrie des Historismus. Er stand in engem Kontakt mit Rudolf von Eitelberger, dem ersten Direktor des 1863 gegründeten k. k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie (heute MAK), und unterstützte die Vision des Museums.
Bei Lobmeyr machte man sich die Maxime zu Eigen, dass Tradition nicht die Anbetung der Asche, sondern die Weitergabe des Feuers ist, und so arbeitete man stets mit wegweisenden Künstlern, Designern und Architekten zusammen. Dazu gehörten u. a. Josef Hoffmann (ikonisch die Becher und Flaschen der „Serie B“ aus dem Jahr 1912) oder Adolf Loos (berühmt das 1931 entworfende Becherservice für die „American Bar“).
Anlässlich des 200-jährigen Bestehens blickt das MAK mit der Ausstellung GLANZ UND GLAMOUR. 200 Jahre Lobmeyr auf die stilbildenden Erzeugnisse der Glasmanufaktur zurück (ein Steinrelief mit dem Porträt Ludwig Lobmeyrs im Stiegenaufgang des MAK erinnert übrigens noch heute an diese intensive Beziehung zwischen Vorbildinstitution, Vorbildersammlung und Produzent). Über 300 Objekte schlagen in der Ausstellung den Bogen von Formen des Historismus und Orientalismus des 19. Jahrhunderts bis zu Klassikern wie den Servicen und Objekten nach Entwürfen von Hoffmann, Loos, Oswald Haerdtl oder Stefan Rath, die bis heute in Produktion sind. Ein Schwerpunkt der vom Designstudio MARCH GUT gestalteten Schau liegt auf dem Spiel von Licht und Schatten, das die Kreationen J. & L. Lobmeyrs prägt. Die stilvolle Würdigung einer Glasmacherdynastie zwischen Handwerk und Innovation.
Zu feiern gibt es übrigens noch ein anderes Jubiläum – ebenfalls im Ausstellungskontext: Vor 150 Jahren fand nämlich die Wiener Weltausstellung statt, bei der Lobmeyr zu den wichtigsten Protagonisten gehörte. Das im 19. Jahrhundert besonders populäre Format der Weltausstellung trug stark zur Verbreitung der Lobmeyr-Erzeugnisse bei (unter anderem die Londoner Weltausstellung 1862). Und so findet man Luster und/oder Trinkgefäße von Lobmeyr heute in der Metropolitan Opera in New York und im Moskauer Kreml, in Paris, San Francisco, Berlin, Shanghai oder Tokio.
GLANZ UND GLAMOUR. 200 Jahre Lobmeyr
7. Juni — 24. September 2023. MAK Ausstellungshalle
www.mak.at
J. & L. LOBMEYR GmbH
Kärntner Straße 26, 1010 Wien
www.lobmeyr.at