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Grenzgänger

Text: Jörg Schiffauer | Fotos: Press
Mein liebster Feind © Arthaus/Studiocanal

Ein unheimlicher Mörder treibt in Belfast sein Unwesen, seine Opfer sind junge Frauen, die auf brutale Weise getötet werden. Weil die örtlichen Polizisten in dem brisanten Fall einfach nicht weiterkommen, holt man als Unterstützung Detective Superintendent Stella Gibson aus London zu Hilfe. Die ebenso erfahrene wie eigenwillige Ermittlerin durchforstet akribisch alle bisherigen Spuren und Erkenntnisse des Falls um den Killer zu stoppen. Die von der BBC produzierte Serie The Fall ist ein düsterer, abgründiger Thriller, der die psychologische Seite mit ungemeiner Präzision in den Mittelpunkt zu rücken versteht. Der Zuschauer kennt den Täter, der ein perfektes Doppellleben führt, von Anfang an: Paul Spector, beruflich als Familientherapeut tätig, führt ein scheinbar solides Dasein mit Ehefrau und zwei kleinen Kindern. Doch nachts mutiert er zum Serienmörder, der seinen Opfern nachstellt, sie beobachtet und unbemerkt in ihre Wohnungen eindringt, ehe er sie schließlich grausam ermordet. Die sorgsam aufgebaute Gegenüberstellung zwischen Ermittlerin und Täter entwickelt sich zu einem psychologischen Duell von zusehends nervenaufreibender Spannung. Gillian Anderson, die ihren großen Durchbruch als FBI-Agentin Dana Scully in der legendären Serie The X-Files feiern konnte, brilliert in The Fall als abgeklärte, mit geradezu stoischer Ruhe unbeirrbar agierende Einzelgängerin Stella Gibson.

Nervlich aufreibend war für Werner Herzog die Zusammenarbeit mit Klaus Kinski. In fünf von Herzogs Filmen hatte Kinski die Hauptrolle übernommen und mit seiner einzigartigen Intensität zu herausragenden Kinoereignissen gemacht, doch der für sein exzentrisches Verhalten berüchtigte Kinski gestaltete die Dreharbeiten zu einer Erfahrung der besonderen Art. Mit dem großartigen Dokumentarfilm Mein liebster Feind hat Werner Herzog sein ambivalentes Verhältnis zu seinem Lieblingsschauspieler durchleuchtet. Herzog selbst führt vor der Kamera auf seine unnachahmliche Weise durch seinen Dokumentarfilm, erzählt von markanten Erlebnissen mit Klaus Kinski, lässt Weggefährten zu Wort kommen. Anhand von Filmausschnitten und Archivmaterial illustriert Herzog dabei Kinskis Genie und Wahnsinn beeindruckend. Ein Höhepunkt ist ein zufällig aufgenommener Wutausbruch von Klaus Kinski am Set von Fitzcarraldo. Mitten im Urwald vor dutzenden Statisten und der Filmcrew steigert sich Kinski aus nichtigem Anlass in eine Raserei, die die Qualität eines großen Bühnenauftritts hat.

Ein Grenzgang anderer Art ist die Besteigung des Mount Everest. War dieses Extremleistung jahrelang nur ausgewählten Alpinisten vorbehalten, ermöglichten ab den achtziger Jahren kommerziell geführte Expeditionen auch Hobby-Bergsteigern das Erklimmen des höchsten Bergs der Welt. Ein riskantes Unterfangen, bringt doch die Höhenlage – der Bereich ab 8.000 Meter wird als „Todeszone“ bezeichnet – Belastungen für den menschlichen Körper mit sich, die fatale Auswirkungen haben können. Im Mai 1996 gerieten die Teilnehmer zweier solcher Expeditionen in einen heftigen, unerwartet aufziehenden Sturm, was tödliche Konsequenzen nach sich ziehen sollte. Everest beleuchtet ein Unglück, das sich abgezeichnet hatte, Baltasar Kormákurs Inszenierung macht dabei in ihrer nüchternen Genauigkeit, die streckenweise dokudramatische Züge annimmt, deutlich, wie menschliche Hybris im Umgang mit der Natur unausweichlich zu einer Katastrophe von epischen Ausmaß werden muss. Ein hochkarätiges Ensemble mit Schauspielern wie Josh Brolin, Jake Gylllenhaal, Jason Clark, Sam Worthington und Keira Knightley trägt durch betont unprätentiöses Spiel zur Wucht und Authentizität von Everest entscheiden bei.

Nicht ganz so dramatisch sind die Probleme, denen sich der Protagonist von We Are Your Friends gegenüber sieht. Der junge Mann namens Cole (Zac Efron) träumt von einer Karriere als DJ im Fachbereich Electronic Dance Music. Zwischen dem Abhängen mit seinen Kumpels und nächtlichen Streifzügen durch diverse Clubs kommt diese aber nicht so richtig in Schwung. Erst als sich ein erfahrener DJ als Mentor von Cole betätigt, scheint der seinem großen Ziel endlich näher zu kommen.

The Fall – Tod in Belfast – Staffel 1

Studio Hamburg, 300 Minuten

Erscheint am 4. Dezember

Mein liebster Feind

Arthaus/Studiocanal, 96 Minuten

Erscheint am 3. Dezember

Everest

Universal Pictures, 116 Minuten

Erscheint am 28. Jänner 2016

We Are Your Friends

Studiocanal, 92 Minuten

Erscheint am 24. Dezember

| FAQ 35 | | Text: Jörg Schiffauer | Fotos: Press
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