„Der Traum des typischen jungen Republikaners, mehr Geld als seine Eltern zu verdienen oder ein Unternehmen zu gründen, es so schnell wie möglich aufzubauen, an die Börse zu bringen und sich auf die Golfplätze der Freizeitgesellschaft zurückzuziehen, hat mich nie angesprochen“, schreibt Yvon Chouinard in seinem Buch „Let my people go surfing“. Es sind die abenteuerlichen Memoiren eines bekennenden Outdoor-Enthusiasten, Extremsportlers, Kletterers und Bergsteigers, aber auch des Gründers eines weltweit erfolgreichen Outdoor-Bekleidungs-Konzerns, den er selbst bis heute als „Experiment“ bezeichnet. Patagonia nannte der in Maine geborene Abenteurer seine Marke, die er 1973 in Kalifornien gründete. Eigentlich eine Geschichte wie jede andere. Was Patagonia zum Phänomen macht, ist ein ehrgeiziges Leitbild, das das Label seit den siebziger Jahren tatsächlich erfüllt: Stelle das beste Produkt her, belaste die Umwelt so wenig wie möglich und inspiriere andere Firmen, diesem Beispiel zu folgen und Lösungen zur aktuellen Umweltkrise zu finden. Das Unternehmen hat bis dato beispielsweise mehr als 89 Millionen Dollar in Geld- und Sachspenden an Umweltschutzorganisationen abgegeben. Aus ökologischen Gründen wechselte die Firma bereits 1996 zu biologisch angebauter Baumwolle. Ungewöhnlich könnte man auch die Marketing-Maßnahmen nennen. Allen voran die für ein Modelabel mutige Message an den Kunden, einfach weniger zu kaufen. Mit den Worten „Was wäre, wenn wir shoppen würden, um zu leben, statt zu leben um zu shoppen?“ beginnt schließlich auch das Buch.
Schluss mit Massenware
In knalligen Farben hängen sie an den Wänden, mehrreihig bis an die Decke des hallenartigen Sportgeschäfts: Ski-jacken, Outdoor-Sweater, High-Tech-Shirts und federleichte Beinbekleidung. Wohin man blickt neonfarbene Schilder mit großen Prozent-Zeichen, die vielleicht auch vom penetranten Plastik-Geruch ablenken sollen, der dieses Szenario umweht. Immer mehr, immer billiger heißt das Motto. Da könnte man doch gleich eine neue Ausrüstung mitnehmen, eine Fleece-Jacke oder am besten gleich zwei, denn die alte hat nach einem Jahr Nutzung sowieso schon ausgedient. Auch wenn das Thema „Weniger ist mehr“ bereits in zarten Knospen in der Modewelt angekommen ist: Im Sportbereich ist es das bei Weitem nicht. Genau hier möchte die Marke Patagonia etwas bewirken. Am besten veranschaulicht das wahrscheinlich die aktuelle „Worn Wear“-Kampagne: „Das Verantwortungsbewussteste, das wir als Unternehmen tun können, ist hochwertige Produkte herzustellen, die jahrelang tragbar sind und repariert werden können, damit man sich gar keine neuen kaufen muss.“ Die Idee hinter Patagonias Online-Plattform Worn Wear ist es also, unsere Outdoorbekleidung so lange am Leben zu erhalten, bis sie völlig untragbar ist – und danach noch immer recycelt werden kann. Das Ziel ist ein Bewusstsein dafür, Kleidung möglichst lange zu nutzen, egal von welchem Hersteller. Wer seine Kleidung nämlich nur neun Monate länger nutzt, verringert seinen CO2-, Wasser und Abfall-Footprint um je 20 bis 30 Prozent, wie die britische Organisation WRAP feststellte.
Fair Trade muss nicht teuer sein
Fair Trade – eine Art Gütesiegel, das heutzutage so leichtfertig verteilt wird, wie das Wort „Bio“ im Supermarkt. Denn werden alle Richtlinien in einem Bereich der Herstellung eingehalten, heißt das leider noch lange nicht, dass das die gesamte Lieferkette betrifft. 100%ige Sicherheit gibt es selten, die Marke Patagonia versucht allerdings einen großen Schritt in die richtige Richtung zu gehen. Im Rahmen des Fair-Trade-Certified-Programms zahlt man den Arbeitern beispielsweise eine Prämie, über deren Verwendung dann selbst abgestimmt werden kann – von Einrichtungen zur Kinderbetreuung am Arbeitsplatz bis hin zu Barauszahlungen. In diesem Jahr wurden 27 Prozent der gesamten Produktlinie in Fair-Trade-zertifizierten Nähereien hergestellt …
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