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Hip-Hop God

Text: Günther Bus Schweiger | Fotos: FMS

Kanye West mag den besseren Instinkt für das schnelle Geld, Aktien oder Yachten besitzen und noch mehr Willen zur Selbstdarstellung haben, Snoop Dog hat definitiv mehr illegale Substanzen inhaliert und Eminem kann vielleicht noch eine Spur schneller rappen, aber im Hip-Hop des Jahres 2015 gibt es einen relevanten Künstler, der die Maßstäbe setzt: Kendrick Lamar toppte mit seinem dritten Album „To Pimp A Butterfly“ so ziemlich alle Charts der westlichen Halbkugel und es wäre schon sehr verwunderlich, wenn es in 20 Jahren nicht als Klassiker gelten würde.

Er schießt auf diesem Album aus allen Rohren auf allen Ebenen. Er verwendet so ziemlich jede schwarze Musik, dazu ist das Album ein Statement zum Thema Leben als Schwarzer in den USA, es ist aber genauso ein persönliches wie politisches Statement. Wem das alles etwas zu viel erscheint, der kann sich darauf verlassen, dass Kendrick Lamar aus einem großen musikalischen Teich schöpft, in dem Fela Kuti genauso vorkommt wie klassischer seventies Blaxploitation Soul, Outcast, die frühen Roots oder Flying Lotus, der Soundzauberer der Gegenwart. In dieser Umgebung geben sich hypnotische Melodien, der Inhalt und Beats die Hand, und erschaffen wahre Größe. Wie es Lamar schafft, seiner Vision treu zu bleiben und trotzdem eine Unzahl von Gaststars von Kanye West über Ron Isley oder Snoop Dog und Pharrell Williams unterzubringen, ist ein Rätsel.

Mit 28 Jahren ist der gebürtige Kalifornier aus Compton am momentanen Gipfel seiner Karriere angelangt, die großen Talkshows reißen sich um ihn und auch Ritterschläge wie Auftritte bei Saturday Night Live hat er hinter sich. Aber im Gegensatz zu einem Selbstdarsteller wie Kanye West wählt er aus und minimiert seine Auftritte, um sie dann aber einmalig zu gestalten. Sein Auftritt bei Ellen Degeneres wurde von einem Ballettpaar und einem Maler begleitet. Im Gegensatz zur abtretenden Generation von Gangstarappern steht Lamar, der ehemalige Vorzugsschüler, für Werte wie Freiheit, Toleranz und Bildung und schafft es auch hier nicht als Posterboy verkauft zu werden, sondern seine differenzierten Botschaften durch seine Songs sickern zu lassen. Auf der Bühne hat Lamar in den letzten zwei Jahren seine Präsenz gefunden. Waren die ersten Touren durch die mittleren Hallen noch des öfteren von Unsicherheit geprägt, füllt seine Bühnenpersönlichkeit jetzt auch große Festivalbühnen mit Leichtigkeit. Seine aktuelle Tour führt ihn am 22. August zum Frequency Festival nach St. Pölten. Und wer die Musik der Gegenwart fühlen und hören will, der wird dort sein.

Kendrick Lamarr: „To Pimp A Butterfly“ (Universal)

Live: 22.8 2015 St. Pölten Frequencyfestival

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