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Hunger nach Bildern

Eine umfangreiche Ausstellung behandelt die künstlerische Seite der gegensätzlichen achtziger Jahre.

Isolde Joham, Electric Rider, 1981. Öl und Acryl auf Leinwand. Privatsammlung © Isolde Joham, Foto: Olga Pohankova

Hedonismus und Rebellion, Popmusik und Neoliberalismus: Nur einige der zahlreichen Pole der achtziger Jahre. Es war ein Jahrzehnt, von dem viele – quasi als Antithese zur heute vorherrschenden politischen Korrektheit – nach wie vor schwärmen; eine Dekade, deren Ästhetik den aktuellen, schon recht lang anhaltenden Retro-Trend noch immer maßgeblich mitbestimmt.

Diesem faszinierenden Zeitabschnitt widmet sich die Albertina modern mit der Ausstellung „The 80s. Die Kunst der 80er Jahre“. Vertreten sind über 160 Arbeiten von Kunstschaffenden, die das Jahrzehnt prägten. Die Ausstellungsräume sind dabei in thematische Segmente untergliedert: Ein Raum heißt schlicht „The 80s“ und zieht so etwas wie die Quersumme: Kuratorin Angela Stief vertritt die These, dass die Achtziger aus vielen kleinen Geschichten – anstatt einer Metaerzählung – bestanden. Themen, die uns bis heute beschäftigen – Globalisierung, Computerisierung des Privaten, Grenzerweiterungen – sind hier bereits vorhanden. Dominierte zuvor der Minimalismus, kommen die Achtziger gleichsam Barock daher – die Postmoderne erlebte den endgültigen Durchbruch als Stilpluralismus, der sich nicht zu knapp an Zitaten bedient. Da ist etwa Jeff Koons, der die Pop Art mit wahren Kitschorgien auflud; Francesco Clemente, der sich auf die Antike bezog; Cindy Sherman mit das Kino zitierenden Self-Shots. Auch in Österreich tat sich etwas: Franz West machte Kommunikation zum Thema, Erwin Wurm sorgte mit der skulpturalen Verfremdung kleinbürgerlicher Welten für Schauwerte.

David Salle, Room with blue statue, 1986. Öl, Acryl und lichtempfindliches Leinen auf Leinwand. ALBERTINA, Wien – The ESSL © Bildrecht, Wien, 2021

Jean-Michel Basquiat, Francesco Clemente & Andy Warhol, Alba’s Breakfast, 1984. Mischtechnik auf Papier, auf Leinwand aufgezogen. Bischofberger Collection, Männedorf-Zurich, Switzerland © The Estate of Jean-Michel Basquiat / Bildrecht, Wien 2021 © The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc. / Licensed by Bildrecht, Vienna 2021 © Francesco Clemente

So sehr die Dekade einerseits mit dem Neoliberalismus in Verbindung gebracht wird, so stark war auch die (zwiespältige) Kritik daran vorhanden – ein Schauraum beschäftigt sich folgerichtig mit der „Ästhetik der Waren“. Die Commodity Art mit ihrer sterilen Präsentation von Kunstwerken etwa setzt sich mit der Warenförmigkeit der Kunst auseinander; Künstler wie Peter Halley oder Ashley Bickerton zielten auf die betörende Macht des Kapitalismus ab. Der Raum „Die Kunst geht auf die Straße“ wird von den früh verstorbenen Subkultur-„Rebellen“ Jean-Michel Basquiat und Keith Haring dominiert, die sich an Street Art bedienten und die Elfenbeintürme der renommierten Ausstellungshäuser durcheinanderwirbelten – zumindest kurz, denn ihre Arbeiten waren schnell Millionen wert. Ein Umstand, der durchaus typisch für das Jahrzehnt erscheinen mag.

Weiters zu ihrem Recht kommen die „Neuen Wilden“ aus Österreich (etwa Hubert Schmalix, Siegfried Anzinger), Transavantgarde, Neo Expressionismus, Piktogramme oder Appropriation. Wer die Achtziger selbst erlebt hat, wird an der Ausstellung ebenso gefallen finden wie jene, die sie gern erlebt hätten.

www.albertina.at

 

| FAQ 63 | | Text: Oliver Stangl
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