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In den Straßen von New York

Text: Jörg Schiffauer | Fotos: SquareOne/Universum

Mit Margin Call gelang J.C. Chandor 2011 ein aufsehenerregendes Regiedebüt. Im Stil eines Kammerspiels werden die Aktivitäten der Vorstandsetage einer Investmentbank ins Zentrum des Geschehens gerückt, deren Machinationen innerhalb einer Nacht eine Finanzkrise mit globalen Auswirkungen auszulösen imstande sind. Margin Call traf dabei nicht nur inhaltlich einen höchst aktuellen Nerv, Chandors Inszenierung besticht durch eine ungemein dichte Atmosphäre, präzise gezeichnete Charaktere und klare formale Strukturen, die gerade in ihrer Reduziertheit Intensität generieren. Eine Herausforderung der besonderen Art, was die formale Gestaltung angeht, nahm Chandor auch mit seiner zweiten Regiearbeit an. All Is Lost konzentriert sich auf eine einzige Figur, einen Mann, der sich auf seinem leckgeschlagenen Segelboot, das irgendwo in den Weiten des Ozeans treibt, gegen die Naturgewalten stemmt und ums Überleben kämpfen muss. Ungeachtet aller Beschränkungen, die ein derartiges dramaturgisches Konzept mit sich bringt, gelang Chandor erneut eine intensive Inszenierung, die in ihrer existenzialistischen Wucht streckenweise an Ernest Hemingways „The Old Man and the Sea“ erinnert und so zu einer wunderbaren Altersrolle für einen großartig agierenden Robert Redford wird.

J.C. Chandors neuer Film, A Most Violent Year, führt ins New York des Jahres 1981, als die Kriminalitätsrate der Stadt ein erschreckend hohes Niveau erreicht. In diesem Umfeld unternehmen Abel Morales und seine Frau Anna den Versuch, ihre Heizölfirma groß auszubauen. Doch das Unterfangen ist einigermaßen riskant, müssen die beiden doch innerhalb eines knapp bemessenen Zeitraums einen Kredit in Millionenhöhe zurückzahlen. Als immer öfter Tankwägen ihrer Firma geraubt werden, beginnt die Lage prekär zu werden, zudem gerät das Ehepaar auch noch völlig unerwartet ins Visier staatsanwaltlicher Ermittlungen. Morales, der immer darauf bedacht war, seine Geschäfte streng legal zu führen, sieht sich gezwungen seine Einstellung zu überdenken, doch das hat zur Folge, dass das Paar immer tiefer in einen Strudel aus ungezügelter Gewalt und Korruption gezogen wird. Für die Hauptrollen konnte Chandor Jessica Chastain und Oscar Isaac gewinnen, doch obwohl A Most Violent Year in Deutschland bereits im März angelaufen ist, hat der Film aus unerfindlichen Gründen in Österreich keinen Starttermin bekommen.

| FAQ 31 | | Text: Jörg Schiffauer | Fotos: SquareOne/Universum
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