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Kamerafrauen

Text: Michael-Franz Woels | Fotos: Polyfilm
© Babette Mangolte, Courtesy BROADWAY 1602 UPTWON & HARLEM, New York

Ab Dezember wird mit I = Eye in der Kunsthalle Wien die erste Einzelausstellung in Österreich von Babette Mangolte präsentiert. Die US-Amerikanerin, die 1941 in Frankreich geboren wurde, ist eine ikonische Figur des internationalen Experimentalfilms. Ihr Interesse galt zunächst der Performancekunst und der Tanz- und Theaterszene der 1970er Jahre. Ab Mitte der 1980er Jahre konzentrierte sie sich auf das urbane Feld sowie ausgedehnte Landschaften der Westküste der USA. Neben zahlreichen Film- und Fotoarbeiten werden in I = Eye auch jüngst entstandene Projekte gezeigt, die einen neuen Blick auf die mediale Trankription und Historisierung der Performancekunst werfen. Babette Mangolte hat ihren singulären Stil, ihre visuelle Form aus Einflüssen des Stummfilms, des amerikanischen Experimentalfilms und der feministischen Filmtheorie entwickelt. Als größten Einfluss nennt sie die Filme Der Mann mit der Kamera von Dziga Vertov (1929) und Wavelength von Michael Snow (1967): „Diese beiden Filme haben buchstäblich mein Leben verändert. Wegen des ersten wollte ich Kamerafrau werden. Der Wunsch, den zweiten zu sehen, führte mich nach New York, wo ich mich niederließ und später meine Filme machte.“ Über ihre Zusammenarbeit als Kamerafrau mit Chantal Akerman sagte Babette Mangolte später: „In den Siebzigern Feministin zu sein, bedeutete für mich nicht, ‚Wir sind Frauen, wir sind hier!‘ zu rufen. Vielmehr ging es darum, zu zeigen, dass die Perspektive der Frau sich von der des Mannes unterscheidet. Als Frauen wollten wir andere Geschichten schreiben, als die, die junge Nouvelle-Vague-Filmemacher interessierten, die Buddy-Filme und Krimis der Hollywood-Ära vor einer Pariser Kulisse nacherzählten.“ Neben ihrem künstlerischen Werk ist Babette Mangolte auch für ihre zahlreichen Essays bekannt, die ihre fotografische Praxis der Dokumentation von Performance analysieren.

Als eine weitere in New York lebende Künstlerin wird im Dezember in der Kunsthalle auch die 1971 geborene Sarah Morris mit der Personale FALLS NEVER BREAKS, die vor allem ihr filmisches Werk präsentiert, ausgestellt. Sarah Morris arbeitet seit den 1990er Jahren mit Op-Art-Malerei und Dokumentarfilm, die sie als getrennte, auf inhaltlicher Ebene aber sich ergänzende Medien betrachtet. Architektur und Städtebau als soziale wie politische Systeme sowie Zeichensysteme der Gegenwart insgesamt mit den Signaturen des Kapitalismus stehen dabei im Zentrum. Sarah Morris dokumentiert die Mechanismen kommerzieller Wunscherzeugung ebenso, wie sie diese in der scheinbaren Affirmation auch kritisiert. Die verführerischen Bilder täuschen nicht über die Leere hinweg, die sich dahinter verbirgt. Morris ist eine informierte Beobachterin des zeitgenössichen Lebens, eine präzise Analystin jenes „Haben-wollen-Gefühls“ mit allen seinen bewussten und unbewussten Konsequenzen im Kontext eines globalen Gefüges. Tägliche Aktivitäten verschmelzen zu komplexen filmischen Collagen, in den sich Urbanismus und die Symbole der Macht überlagern, visuelle Eindrücke finden in allen Filmen von Sarah Morris eine direkte Rückbindung an gigantische Architekturen.


Babette Mangolte. I = Eye

18. Dezember 2016 bis 12. Februar 2017

Sarah Morris. Falls Never Breaks

8. Dezember 2016 bis 8. Jänner 2017

www.kunsthallewien.at

| FAQ 40 | | Text: Michael-Franz Woels | Fotos: Polyfilm
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