Wenn sich Anna Mabo einmal über ihr Jahr 2023 beschweren sollte, dann kann man ihr guten Gewissens widersprechen. Vielleicht kommt man dann nicht lange zu Wort, aber die Argumente liegen auf der Hand. Das von ihr gemeinsam mit Dorian Concept kuratierte Popfest Wien war ein durchschlagender Erfolg, und die normalerweise aus allen Ecken und allen Szenen hervorkriechende Kritik am Programm kaum existent. Ihr Stück „Am Sand“ wird im Rabenhof, dem selbsternannten Theater für Nichttheatergeher, wiederaufgenommen. Wer also das wunderbare Verwirrspiel um eine Liedermacherin, die ein Stück für den Rabenhof schreiben soll, im zweiten Anlauf sehen will, der hat in dieser Saison Gelegenheit dazu. Anna Mabo inszeniert sich selbst und fünf weitere Figuren, die der Einfachheit halber alle Anna heißen, mäandert so witzig wie tiefgehend durch die Gedankenwelt ihrer Rolle, die nicht ganz weit weg vom Vorbild angesiedelt sein dürfte.
Und dann sind da noch ihre Lieder. Moderatoren haben sich mittlerweile angewöhnt, sie mit dem Satz „Lieder mit vielen Worten und wenig Akkorden“ anzukündigen. Das mag irgendwann halblustig gewesen sein, aber schon wer auf dem 2021 erschienenen zweiten Album „Notre Dame“ einen Song wie „Bin am Werden“ nur flüchtig gehört hat, dem war klar, dass Anna Mabo als Songwriterin schon viel weiter und auf einer viel höheren Ebene angelangt war. Auf dem dritten Album „danke, gut“ geht die Reise nun munter weiter. Ihre Muse steht ihr weiter unbeirrt zur Seite, und so findet sie den Mut, sich in die ganz großen Gefühle zu werfen. „Pyrenäentourist“ ist ein Lied wie ein Breitwandepos im Gartenbaukino, in dem alle Emotionen durchdekliniert werden und am Ende das Leben und natürlich die Liebe siegen. Ein Beweis, was ein Song alles leisten kann – und ein Beweis der Meisterschaft, die Anna Mabo inzwischen erreicht hat. Unterstützt von ihrer Band, dem Cellisten Clemens Sainitzer und dem Schlagwerker Alexander Yannilos, bekommt jeder Song das musikalische Kleid, das ihm passt. Wenn der Song nach Abneigung klingt, dann wird schon einmal das Gaspedal bis zum Anschlag durchgetreten. Grenzen für Lieder gibt es keine – und Anna ist so klug, in ihrem Kopf auch keine zu ziehen. „Danke, gut“ ist im Sprachgebrauch eine Floskel, um möglichst nichts von sich hergeben zu müssen und den Menschen auf der anderen Seite auch nicht zu belasten. Und somit eine Gelegenheit, weiterzugehen, das Thema zu wechseln und zum Kern der Sache zu kommen. Dieser Kern ist das Feld, um den es in den Songs von Mabo geht – und ja, natürlich kommen Liebe, Trauer und Tod vor, aber vor allen auch die Zwischenräume, die uns das Leben schenkt. Und am Ende steht immer die Hoffnung.
Wir sagen: „Danke, Anna, herausragend, und bitte mehr davon, die Welt braucht deine Lieder, deine Stimme und dein Leuchten.“
Anna Mabo: Danke, gut (badermolden recordings)