Avantgarde und Gegenwart heißt die zwischen Kunstgeschichte und Gegenwart angesiedelte Ausstellung, die von 15. September 2021 bis zum 19. Februar 2023 im Belvedere 21 zu sehen sein wird: „Wir erhellen schlaglichtartig wesentliche Entwicklungen in der österreichischen Kunst“, so Generaldirektorin Stella Rollig. Dass die Schau – ein wesentlicher Teil stammt aus der Sammlung Artothek des Bundes – fast eineinhalb Jahre lang zu sehen sein wird, ist angesichts ihres Umfangs durchaus angemessen: Zu den vielen Namen, die hier aufeinandertreffen, zählen unter anderem Fritz Wotruba, Maria Lassnig, Ashley Hans Scheirl, Curt Stenvert, Rudolf Hausner, Carola Dertnig, Rudolf Schwarzkogler, Robert Zeppel-Sperl, Melanie Ebenhoch oder Bruno Gironcoli. Für Kuratorin Luisa Ziaja steht dabei ein „manchmal naheliegendes, manchmal überraschendes Wechselspiel zwischen Avantgarde und Gegenwart, das von Dringlichkeiten und Dynamiken, von Kontinuitäten und Brüchen zeugt“, im Mittelpunkt. Nicht die „Stunde null“ als Beginn der Nachkriegsavantgarden noch deren lineare Entwicklungsgeschichte seien hier zentral; anhand von sechs Erzählsträngen versuche man, Parallelen, Überkreuzungen und Gegenentwürfe greifbar zu machen.
Strang 1 ist mit „An-Sammlungen und gebrochene Realitäten“ betitelt: Hier widmet man sich geschichtspolitischen Verwerfungen und ihren Auswirkungen auf modernistische Strömungen. Strang 2, „Surreale Narrative“, erzählt von der anhaltenden Präsenz surrealer Ästhetiken; versammelt sind hier etwa Arbeiten der Gruppe Wirklichkeiten mit Wolfgang Herzig, Martha Jungwirth, Peter Pongratz und Robert Zeppel-Sperl, die sich Körperlichkeit, Sexualität und Gemeinschaft annäherte. Natürlich fehlt auch die Wiener Schule für Phantastischen Realismus nicht. Um Abstraktionen geht es in Strang 3, der in den dreißiger Jahren ansetzt: Zu sehen gibt es hier etwa die Skulptur „Große sitzende Figur – Menschliche Kathedrale“ (1949) von Fritz Wotruba – kubische Formfindungen stellen den menschlichen Körper in die Nähe der Architektur – oder mit Bewegung spielende Op-Art von Marc Adrian aus den fünfziger und sechziger Jahren. Strang 4, „Formen des Informellen“, widmet sich künstlerischen Ansätzen, die zwischen subjektiv-gestischem Ausdruck und Strategien des Zufalls oszillieren. Vertreten sind hier etwa Adolf Frohner oder der Wiener Aktionismus. In Strang 5, „Performative Körper“, ist selbstredend das Schaffen von Günter Brus stark vertreten; gezeigt wird etwa die ikonische „Selbstbemalung I“ (1964). Strang 6 schließlich, „Re-Visionen“, will aus dem Vergangenen nicht nur Schlüsse für die Gegenwart, sondern auch für die Zukunft ziehen: Hier versucht etwa die brasilianisch-österreichische Künstlerin Inés Lombardi, die materielle Geschichte eines Ortes gleichermaßen abbildend wie abstrahierend zu fassen.