Wiktor Zoi war eine von seiner Fan-Gemeinde geradezu kultisch verehrte Figur, mit seiner Band „Kino“ prägte er die Rockmusik-Szene – die vor Beginn von Glasnost und Perestroika von offiziellen Stellen gerade einmal geduldet wurde – in der Sowjetunion der achtziger Jahre. In einigen wenigen Rock-Clubs Leningrads begann sich besagte Szene unter recht schwierigen Bedingungen zu entwickeln, bald schon war Zoi ein Jugendidol. Kirill Serebrennikow erinnert mit Leto (dem russischen Wort für Sommer) an Wiktor Zoi, der 1990 im Alter von nur 28 Jahren bei einem Autounfall tödlich verunglückte. Sein Film ist jedoch kein Biopic, dass sich konventionell an den markanten Stationen im Leben von Wiktor Zoi abarbeitet, sondern vielmehr eine Hommage, die sich an der Biografie des charismatischen Musikers orientiert, dabei aber auch das Lebensgefühl jenes Sommers in den Achtzigern in dem Leto angesiedelt ist, widerspiegelt, als der Wunsch nach Veränderungen – besonders unter jungen Menschen – in der Luft lag, bevor der große Umbruch tatsächlich in Gang kam. Zusätzliche Brisanz erfuhr Leto anlässlich seiner Premiere bei den diesjährigen Filmfestspielen von Cannes, weil Serebrennikow schon während der Dreharbeiten unter Hausarrest gestellt wurde. Der neben seiner Filmarbeit auch renommierte Opern- und Theaterregisseur soll in seiner Funktion als Leiter des Gogol-Centers in Moskau Staatsgelder veruntreut haben. Nicht wenige Stimmen halten die dubiosen Anschuldigungen jedoch für eine politisch motivierte Aktion, um ein Exempel an einem kritischen Geist zu statuieren.
LETO
Drama/Musikfilm, Russland/Frankreich 2018
Regie Kirill Serebrennikow
Mit Teo Yoo, Roman Bilyk, Irina Starshenbaum, Nikita Efremow, Julia Aug
Verleih Filmladen, 126 Minuten
Kinostart 14. Dezember