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Love – first, last and center

Text: Alexandra Seitz | Fotos: Thimfilm

Sie hatte kein Glück in der Liebe. Dabei war sie wie für die Liebe geschaffen. Immer wieder aufs Neue suchte sie nach dem Einen, dem Einzigen, dem Märchenprinzen. Und wenn er sich nicht zeigte, dann gab sie sich auch eine Nummer kleiner zufrieden, dann stürzte sie sich eben in eine Affäre. Sie war schön, romantisch und leidenschaftlich und bestimmt hatte sie ihre Ecken und Kanten. Dass sich aber sowohl ihr Ex-Mann als auch ihr Liebhaber erschossen, dass einer ihrer Lebensgefährten sich mit Autoabgasen umbrachte, das will einem doch kaum noch zufällig erscheinen. Hat sie das Unglück angezogen? Oder ausgelöst? Und schließlich auch für sich selbst heraufbeschworen?

Sie wollte Kinder, sie wollte eine Familie, sie wollte „eine ganz normale Frau“ sein, eine Mutter und Geliebte. Stattdessen feierte sie Erfolge auf der Bühne, wurde weltberühmt, war die Sehnsuchtsgestalt des Publikums, formulierte in ihren Balladen ein ums andere Mal das Verlangen und die Hoffnung – und blieb am Ende inmitten der Bewunderung und des Applauses allein. 1987 war sie 54 Jahre alt und kinderlos, sie lebte zusammen mit ihrem Hund in ihrer Villa in Paris und hatte genug. In der Nacht auf den 3. Mai nahm die italienisch-französische Sängerin Dalida eine Überdosis Schlaftabletten und starb. Sie hinterließ eine berühmt gewordene Abschiedsnote: „La vie m’est insupportable … Pardonnez-moi.“ (Das Leben ist mir unerträglich geworden … vergebt mir.)

Was für eine Schmonzette! Ein Lore-Roman! Eine Seifenoper! Ein Leben wie im Kostümschinken – daher nunmehr adäquat adaptiert: Dalida von Lisa Azuelos ist ein Biopic mit Schmackes und mit Verve, weder Kosten noch Mühen scheuend, üppig und temporeich, getragen von einem geradezu ehrfürchtigen Respekt, der an Heldenverehrung grenzt. Gediegenes Unterhaltungskino also, gutbürgerlich abgehangen, ein schmerzfreier Rundum-harmlos-Zeitvertreib – wenn man kein Herz hat. Denn wer ein Herz hat, der leidet natürlich mit, mit diesem Frauenschicksal, das sich nicht erfüllen darf im familiären Mutterglück. Weil da eben immer die Männer sich einmischen und es besser wissen. Männer, die geblendet sind von der Schönheit der Sängerin, ihrer erotischen Ausstrahlung, ihrem Erfolg. Männer, die ganz gut leben von dem, was diese Frau mit ihrem Gesang erwirtschaftet. Und die an der Situation demnach auch nichts verändern wollen, von wegen Kinderkriegen, weniger Geld verdienen und so. Ein klassisches Muster, das sich in vielen Musikerbiografien ausbildet: die Schmarotzer-Entourage, die dem fortschreitenden Unglück des Brötchengebers passiv zuschaut, weil sie nicht den Ast absägen will, auf dem sie sitzt. Solange, bis dann eben der ganze Baum umfällt …

Vollständiger Artikel in der Printausgabe.

 

Dalida

Biopic, Frankreich/Italien 2016

Regie Lisa Azuelos Drehbuch Lisa Azuelos in Zusammenarbeit mit Orlando (frei nach „Dalida. Mon Frère, tu écriras mes mémoires“ von Catherine Rihoit und Bruno Gigliotti) Kamera Antoine Sanier Schnitt Thomas Fernandez Musik Jeanne Trellu, Jaco Zijlstra Production Design Emile Ghigo Kostüm Emmanuelle Youchnovski

Mit Sveva Alviti, Riccardo Scamarcio, Jean-Paul Rouve, Nicolas Duvauchelle, Alessandro Borghi, Vincent Perez, Niels Schneider

Verleih Thimfilm, 124 Minuten

Kinostart 10. August

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