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Lower Dens

Text: Koroschetz Stefan 2 | Fotos: Press
Lower Dens © Torso

Nein, einfach hatte es Jana Hunter sicher nicht immer. Aufgewachsen ist der musikalische und textliche Kopf von Lower Dens in Baltimore als eines von acht Kindern in einer streng katholischen Familie. Allein dieser Umstand dürfte Jana so manche seelische Blessur zugefügt haben. Anfang der 2000er-Jahre verlegt Hunter ihren Lebensmittelpunkt nach New York, wo sie zwei karg instrumentierte, von der Kritik anerkennend besprochene Soloalben auf Gnomonsong, dem Label von Devendra Banhart und Andy Cabic, aufnimmt. Begeistert von der dortigen Musikszene zieht Hunter 2007 wieder zurück nach Baltimore, wo sie ihrem Wunsch gemäß Musik in einem sozialen Kontext machen möchte, woraus die Band Lower Dens entsteht. Anfänglich besteht die Band aus fünf Mitgliedern, aktuell ist Lower Dens nur noch ein Duo bestehend aus Nate Nelson und eben Jana Hunter. Dazwischen liegen drei Alben, die sich stilistisch elektrifizierten Shoegaze-Songs plus Gesang verpflichtet fühlen, von denen „Brains“, ein Stück aus ihrem zweiten Album „Nootropics“ aus 2012, mit den wunderbaren Textzeilen „Starting the day / Staying awake / Everything will change / While you’re asleep / While you’re breathing“ zu einem Insider-Mikrohit avanciert. Inhaltlich beschäftigt sich die Band immer schon mit den Themen Communitybuilding und der Identifizierung der eigenen Verantwortlichkeiten, was klar über den Horizont einer x-beliebigen Band hinausgeht. Unterbrochen wird eine kontinuierliche Entwicklung allerdings immer wieder von Janas persönlichen Krisen, die vor allem auf ihren psychischen Problemen basieren. Hunter befindet sich seit Jahren im Prozess einer Geschlechtsanpassung von Frau zu Mann. „I repressed the idea for a long time, but I have been going through both medical and social transitions, from living as a woman to a non-binary person and now more toward the other end of the binary.“ Unlängst verlautbarte Hunter auf dem bandeigenen Instagram-Profil, dass er zukünftig männliche Pronomen bevorzuge. Bei genauerer Betrachtung der aktuellen Bilder von Jana ist auch schon ein zartes Bärtchen zu erkennen.

Brennendes Fleisch

Mit dem aktuellen Album „The Competition“ dürfte der Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad von Lower Dens wieder etwas in die Höhe schnellen. Zumindest gibt es Aufregung wegen der ersten Single-Auskoppelung „Young Republi-cans“, was Aufmerksamkeit generiert, die nur in den selten-sten Fällen einer Band jemals geschadet hat. Man kann davon ausgehen, dass der Clip zum Song die Empörung geradezu herausgefordert hat, und es enttäuschend gewesen wäre, wenn dem Video keine besondere Aufmerksamkeit zuteil geworden wäre. Laut eines Tweets des internationalen Labels der Band (Ribbon Music) wurde der Song von Radiostationen als zu kontrovers empfunden und gesperrt. Im online zugänglichen Clip sieht man ein tendenziell dekadentes Freizeit-Szenario mit schönen jungen Menschen, in dem sich Hunter singend eher wie ein Fremdkörper bewegt. Skandalös ist dann aber erst das Ende, in dem sich die die in republikanisches Rot gewandeten, attraktiven „Young Republicans“ an den Eingeweiden des Nicht-Republikaners Hunter delektieren. Die Szenerie ist natürlich ins Absurde übersteigert, eine Art Dystopie eines „survival of the fittest“. Dazu singt Hunter treffend in dem absolut hymnischen und catchy Song „In every generation / There are those who just don’t fit in / We never asked to be this way / Born without souls or blood or skin / We’re young republicans (…) This is just for us / To taste the burning flesh of men / The greatest joy there’s ever been / We lift our heads / We lift our heads.“ …

Vollständiger Artikel in der Printausgabe 

 

| FAQ 54 | | Text: Koroschetz Stefan 2 | Fotos: Press
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