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Märchenstunde

Text: Lena Style | Fotos: Matt Leeves

Das Label IA London verwebt poetische Geschichten mit avantgardistischer Mode.

Test

Rei fühlt sich unsicher. Ihr Leben ist gerade außer Kontrolle, wie ein Blatt im Wirbelsturm. Sie ist inmitten einer Pandemie. Um ihre Emotionen zu sortieren und sich ihnen zu stellen, sammelt sie Familienfotos von Menschen, die sie nie getroffen hat und trägt sie als Kleidung. Mit dem Gefühl, zu dieser großen Familie rund um den Globus zu gehören, werden diese Fotos zu einer Art Rüstung, die Rei schützt und aus der sie neue Kraft schöpft. Ihr Sinn für Zusammenhalt wächst neu heran wie eine Blume. Aus dieser Geschichte hat Modedesignerin Ira Iceberg Kleidung gesponnen, genauer gesagt die aktuelle Kollektion namens „The Girl Who Collected Memories“. Ihr Avantgarde-Label IA London gründete sie 2017 und heimste für das Konzept prompt ein paar Modedesign-Preise ein. Dass die aus Cambridge stammende Iceberg eigentlich aus der Kunstszene kommt, ist an all ihren extravaganten Kleidungsstücken ersichtlich. Nach ihrem Studium im Bereich Textildesign und Klassische Malerei beschloss sie kurzerhand, ein Modelabel zu gründen, das sich auf künstlerisches Design und ethische Produktion fokussiert.

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Die Alltagstauglichkeit dieser Entwürfe ist wie immer bei Modemachern mit Kunstbezug Ansichtssache. Betrachten könnte man die Kollektion allerdings stundenlang, so viele hintergründige Details gibt es zu entdecken. Wunderschöne Gemälde zieren Seide, Porträts werden als geheimnisumwobene Details eingesetzt, Stoffe werden geschickt drapiert und muten fast skulptural an. Bei avantgardistischen Entwürfen wie diesen liegt natürlich der Vergleich mit der japanischen Modeikone Rei Kawakubo recht nah. Ob der fiktive Hauptcharakter von „The Girl Who Collected Memories“ auch nach der Comme-des-Garçons-Gründerin benannt wurde, lässt Iceberg aber dahingestellt. Fest steht, dass die beiden Designerinnen die Vorliebe verbindet, mit dem Zusammenwirken von Körperform und Silhouette zu spielen. So hat auch IA Londons Kollektion Schnitte, die den Körper völlig neu formt. Aufgelockert wird das Angebot an Kleidungsstücken mit verspielten Accessoires, wie beispielsweise der „Blushing Bunny Toy“ -Handtasche in Form eines Häschens.

Es ist dabei dem Betrachter überlassen, Verweise auf das Märchen „Alice im Wunderland“ zu entdecken. Sehenswert ist übrigens auch die Visualisierung der Kampagne: In Zusammenarbeit mit der Profi-Tänzerin Janet Mayer und dem Set-Designer Matthew Lawrence entstand ein emotional geladener Kurzfilm, in dem Icebergs Entwürfe sich in expressivem Tanz erproben dürfen.

www.ialondon.com

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